Dank fai­rer Ent­löh­nung ein Sofa

Einen Monat lang wäh­rend der Öku­me­ni­schen Fasten­kam­pa­gne reist Marie-Therè­se Kam­ga aus Kame­run als Gast von «Brot für alle», dem refor­mier­ten Pen­dant zum katho­li­schen Hilfs­werk Fasten­op­fer, durch die Schweiz. Bereits hat die Trocken­frucht-Pro­du­zen­tin und Mut­ter von sie­ben Kin­dern zwan­zig Kirch­ge­mein­den und meh­re­re Schu­len besucht. In Baden hat Reli­gi­ons­leh­rer Ben­ja­min Ruch, kirch­li­cher Beauf­trag­ter der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau an der Kan­tons­schu­le Baden, den Gast der öku­me­ni­schen Part­ner­hilfs­wer­ke eingeladen. 

«Ich bin Afri­ka­ne­rin aus einem klei­nen Dorf in Kame­rum», stellt sich Marie-Therè­se Kam­ga den Wirt­schafts­schü­lern an der Bade­ner Kan­tons­schu­le vor. Die stäm­mi­ge Frau mit der tief­dunk­len Haut sitzt anstel­le der Lehr­per­son am Tisch vor der Wand­ta­fel und erzählt auf Fran­zö­sisch aus ihrem Leben, von ihrer Arbeit als Trocken­frucht-Pro­du­zen­tin. Gewis­se Ereig­nis­se haben sie nach­hal­tig geprägt, wes­halb sich die 59-Jäh­ri­ge zuwei­len in Rage redet. «Mit 19 Jah­ren muss­te ich hei­ra­ten, wur­de aus der Schu­le genom­men. Ich leb­te in einer poly­ga­men Ehe. Vor zwei Jah­ren starb mein Mann. Seit­her kom­me ich allein für mei­nen Lebens­un­ter­halt und den mei­ner Kin­der aus.» Zwölf Jugend­li­che sit­zen ihr im Klas­sen­zim­mer gegen­über und lau­schen den Aus­füh­run­gen des exo­ti­schen Gastes. Fra­gen stel­len Sie selbst­re­dend in flies­sen­dem Französisch.

Unter­wegs für fai­ren Han­del
Einen Monat lang wäh­rend der Öku­me­ni­schen Fasten­kam­pa­gne reist Marie-Therè­se Kam­ga aus Kame­run als Gast von «Brot für alle», dem refor­mier­ten Pen­dant zum katho­li­schen Hilfs­werk Fasten­op­fer, durch die Schweiz. Als Beglei­ter steht der Afri­ka­ne­rin der 23-jäh­ri­ge Kas­par Gertsch zur Sei­te. Der HSG-Absol­vent lei­stet beim Hilfs­werk «Brot für alle Zivil­dienst und hat mit Marie-Therè­se Kam­ga bereits zwan­zig Kirch­ge­mein­den und meh­re­re Schu­len besucht. In Baden hat Reli­gi­ons­leh­rer Ben­ja­min Ruch, kirch­li­cher Beauf­trag­ter der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau an der Kan­tons­schu­le Aar­gau, den Gast der öku­me­ni­schen Part­ner­hilfs­wer­ke eingeladen.

Mit Trocken­früch­ten ein bes­se­res Aus­kom­men
Lohn­ar­beit zahlt sich für die Men­schen in Kame­run meist nicht aus, berich­tet Marie-Therè­se Kam­ga. Bes­ser gelingt das Aus­kom­men, wenn die Leu­te eigen­ver­ant­wort­lich anbau­en und einen festen Abneh­mer haben, der für fai­re Ent­löh­nung ein­tritt. Für Marie-Therè­se Kam­ga ist dies Ter­rE­spoir, ein von «Brot für alle» gegrün­de­tes Unter­neh­men, das getrock­ne­te Tro­pen­früch­te in Schwei­zer Dritt­welt­lä­den ver­treibt. «Dank Ter­rE­spoir habe ich bei mir im Wohn­zim­mer auch ein Sofa», so Marie-Therè­se Kam­ga stolz, wäh­rend sie vor den Bade­ner Schü­le­rin­nen und Schü­lern Fotos kom­men­tiert. Zum erschwing­li­chen Luxus gehö­ren für die Afri­ka­ne­rin unter ande­rem auch die pin­ken Bal­le­ri­nas, wel­che die Mut­ter von vier Töch­tern und drei Söh­nen zu einem blau­en Kleid mit pastell­gel­bem West­on trägt. Trotz die­ser Ver­bes­se­run­gen bleibt das Leben in Kame­run jedoch eine Her­aus­for­de­rung. Vie­les ist Hand­ar­beit. Bei­spiels­wei­se wer­den die Früch­te über meh­re­re Kilo­me­ter in Schub­kar­ren zu einem Umschlags­platz gebracht. Vor Ort besitzt Ter­rE­spoir näm­lich nur einen ein­zi­gen Last­wa­gen. Den­noch: Immer wie­der betont Marie-Therè­se Kam­ga ihre Dank­bar­keit. Sie ist froh, dass es Ter­rE­spoir gibt. 

Über­ra­schen­de Erkennt­nis­se
Die Bade­ner Schü­le­rin­nen und Schü­ler, wel­che im Som­mer ihre Matur machen, sind auf­merk­sam, fra­gen nach. Wie kann das System von Ter­rE­spoir Schu­le machen? Gibt es Mikro­kre­di­te? Eine Kran­ken­ver­si­che­rung? «Kran­ken­ver­si­che­rung?», erwi­dert Marie-Therè­se Kam­ga. «Wenn du zum Arzt oder ins Spi­tal gehst und du kannst nicht bezah­len, wirst du nicht behan­delt. Du stirbst.» Sie erle­be die jun­gen Leu­te als inter­es­siert und neu­gie­rig, meint Marie-Therè­se Kam­ga. Es freut sie, dass die Schü­le­rin­nen und Schü­ler Fra­gen stellen.

Die Schü­le­rin­nen und Schü­ler set­zen auf Nach­hal­tig­keit
Doch was bleibt den Schü­le­rin­nen und Schü­lern? Ein­mal eine völ­lig ande­re Lebens­si­tua­ti­on aus einem afri­ka­ni­schen Land gespie­gelt zu bekom­men, lässt nicht unbe­rührt. Manu­el Mazi­di ist durch­aus bereit, für Waren mehr zu bezah­len, wenn er dafür Trans­pa­renz hat und weiss, dass die Leu­te am Ende der Pro­duk­ti­ons­ket­te bes­ser leben kön­nen. Ent­spre­chend ach­tet er beim Kauf von Früch­ten auf das Max Havel­a­ar-Logo. Jes­si­ca Füg­li­ster aus Brem­gar­ten, kennt als Ein­zi­ge der anwe­sen­den Schü­le­rin­nen und Schü­ler die Orga­ni­sa­ti­on, für wel­che Marie-Therè­se Kam­ga arbei­tet. Die 20-Jäh­ri­ge ist in einem Eltern­haus auf­ge­wach­sen, wo auf Nach­hal­tig­keit geach­tet wird: Bio, Fair­trade-Pro­duk­te, Beklei­dung aus fai­rer Pro­duk­ti­on. «Ich kau­fe zum Bei­spiel nicht bei Zalan­do, da wo alle kau­fen, meint die jun­ge Frau. «Ich weiss, unter wel­chen Bedin­gun­gen die Leu­te leben müs­sen, die für die­se Fir­ma arbei­ten. Damit kann ich mich nicht identifizieren.»

Andre­as C. Müller

 

 

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Redaktion Lichtblick
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