Bis­tum Basel oder Bis­tum Chur

Bis­tum Basel oder Bis­tum Chur

Die Zur­zi­bie­ter Gemein­de Fisi­bach hat einen Antrag auf Kan­tons­wech­sel ein­ge­reicht. Hori­zon­te ging der Fra­ge nach, was der Wech­sel zum Kan­ton Zürich für die Katho­li­ken bedeu­ten würde.Ursprüng­lich hät­te das 458-See­len­dorf Fisi­bach mit neun wei­te­ren Aar­gau­er Gemein­den im Zur­zi­biet eine Fusi­on prü­fen sol­len. Doch dar­aus wird nichts. Die Gemein­de­ver­samm­lung erteil­te die­sem Pro­jekt eine Abfuhr. Mehr noch: 52 von 88 Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mern tra­ten schliess­lich auf einen Vor­schlag ein, das Zusam­men­ge­hen mit den benach­bar­ten Zür­cher Gemein­den zu prü­fen. Mitt­ler­wei­le wur­de beim Kan­ton Aar­gau ein «Antrag auf Kan­tons­wech­sel» ein­ge­reicht, wie die Aar­gau­er Zei­tung am 19. April 2017 berich­te­te. Und auch Kai­ser­stuhl könn­te sich «von der Kan­tons­wech­sel-Idee anstecken» las­sen, wie der aktu­el­len Aus­ga­be der Schweiz am Wochen­en­de zu ent­neh­men war.

«Kai­ser­stuhl müss­te folgen»

Als Mann, der den Stein just in die ande­re Sei­te ins Rol­len brach­te, prä­sen­tier­te die Aar­gau­er Zei­tung Felix Vöge­le, den lang­jäh­ri­gen, ehe­ma­li­gen Fisi­ba­cher Gemein­de­schrei­ber. Inter­es­sant in die­sem Zusam­men­hang: Felix Vöge­le ist auch Prä­si­dent der Römisch-Katho­li­schen Kirch­ge­mein­de Kai­ser­stuhl-Fisi­bach. Ob er für den Fall des ange­streb­ten Kan­tons­wech­sels denn auch wis­se, was das für die Katho­li­ken in Fisi­bach bedeu­te?Er habe an der Gemein­de­ver­samm­lung kei­nen Antrag auf Kan­tons­wech­sel gestellt, beeilt sich Felix Vöge­le sogleich zu erklä­ren. Das sei von den Medi­en falsch dar­ge­stellt wor­den. «Ich habe mich sogar dafür aus­ge­spro­chen, dass man bei der Aar­gau­er Lösung bleibt. Doch als das abge­lehnt wur­de, habe ich dafür plä­diert, dass man nicht ein­fach nichts tut, son­dern nach Lösun­gen mit ande­ren Gemein­den sucht.Auf die Fra­ge, was die aktu­el­le Ent­wick­lung für die Katho­li­ken in Fisi­bach bedeu­ten könn­te, ant­wor­tet Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent Felix Vöge­le sehr zurück­hal­tend: «Grund­sätz­lich sind zwei Din­ge denk­bar: Ein Wech­sel ins Bis­tum Chur oder aber ein Ver­bleib beim Bis­tum Basel. Das müss­te dann in einem Ver­trag aus­ge­han­delt wer­den.» Fest ste­he jedoch: Wenn Fisi­bach das Bis­tum ver­lässt, müss­te Kai­ser­stuhl fol­gen, so Felix Vöge­le.

Bereits kirch­lich mit Zürich verbunden

Fisi­bach und Kai­ser­stuhl befin­den sich am nord­öst­lich­sten Zip­fel des Kan­tons Aar­gau (mit Wis­li­kofen, Rümikon und Sig­lis­torf im Westen), im Nor­den angren­zend an Deutsch­land, im Osten an Zürich, genau genom­men an die Gemein­den Bachs und Weiach. Das Gemein­de­ge­biet von Fisi­bach ist ungleich grös­ser als das von Kai­ser­stuhl, doch letz­te­res hat mit sei­nen knapp 400 Ein­woh­nern als Grenz­städt­chen eine höhe­re Bevöl­ke­rungs­dich­te.Als Pfar­rei gehört Kai­ser­stuhl-Fisi­bach zum Pfar­rei­en­ver­band Zurz­ach-Stu­den­land. Die­ser soll der­einst in einen Pasto­ral­raum über­führt wer­den – auf kirch­li­cher Ebe­ne in etwa das, was das Fusi­ons­pro­jekt «Rhein­tal+» auf poli­ti­scher Ebe­ne dar­stellt. «Alles in allem umfasst die Pfar­rei Kai­ser­stuhl-Fisi­bach etwa 500 Katho­li­ken« erklärt der zustän­di­ge Seel­sor­ger Ste­fan Gün­ter. «Die Pfarr­kir­che steht in Kai­ser­stuhl, in Fisi­bach befin­det sich ledig­lich eine klei­ne Kapel­le», so der Pasto­ral­as­si­stent. Die mei­sten Kir­chen­mit­glie­der der Pfar­rei, unge­fähr 200, stam­men aus Fisi­bach, ledig­lich 100 aus Kai­ser­stuhl. «Die rest­li­chen Katho­li­ken gehö­ren zur zür­che­ri­schen Nach­bars­ge­mein­de Weiach. Die­se wird von der Pfar­rei Kai­ser­stuhl-Fisi­bach pasto­ral betreut», erklärt Ste­fan Gün­ter.Die kirch­li­che Ver­bin­dung von Fisi­bach zu Zürich besteht seit Jahr­hun­der­ten. Der Grund? «Weiach gehört zur Pfar­rei Glatt­fel­den. Der Weg für die Wei­a­cher in die dor­ti­ge Kir­che wäre deut­lich län­ger als die 15 Minu­ten nach Kai­ser­stuhl», weiss Ste­fan Gün­ter. Der Seel­sor­ger teilt die Ansicht sei­nes Kir­chen­pfle­ge­prä­si­den­ten: «Wenn Fisi­bach in den Kan­ton Zürich geht, müss­ten die Kai­ser­stuh­ler wohl fol­gen. Das sind nur etwa 100 Katho­li­ken. Die kön­nen kaum allein blei­ben», glaubt Ste­fan Gün­ter.

Kai­ser­stuhl wür­de zur Aar­gau­er Enklave

Bei einem Anschluss an die nächst­ge­le­ge­ne Aar­gau­er Pfar­rei Wis­li­kofen-Rümikon wäre Kai­ser­stuhl eine Enkla­ve – die kul­tu­rel­le und sozia­le Nähe lies­se sich wohl nicht im glei­chen Mas­se pfle­gen wie zu Fisi­bach. Das lehrt bereits das Bei­spiel der Thur­gau­er Gemein­de Ricken­bach an der Gren­ze zum St. Gal­li­schen Wil.Im Fal­le von Ricken­bach ging es zwar nicht um einen Kan­tons­wech­sel, doch gehört die katho­li­sche Kirch­ge­mein­de von Ricken­bach seit dem Jah­re 2015 zur Pfarr- und Kirch­ge­mein­de Wil. «Der sozia­le und geo­gra­fi­sche Bezug zu Wil war seit Län­ge­rem grös­ser als zum eige­nen Pasto­ral­raum», erklärt Cor­ne­lia Graf, Rats­schrei­be­rin der Katho­li­schen Kirch­ge­mein­de Wil. «Zwi­schen Ricken­bach und den ande­ren Pfar­rei­en des zuge­dach­ten Pasto­ral­raums im Thur­gau, nament­lich Sir­nach, Esch­li­kon und Münchwi­len, liegt über­dies die Thur­gau­er Gemein­de Wilen, die schon seit Jahr­hun­der­ten kirch­lich zu Wil und zum Bis­tum St. Gal­len gehört.» Auch aus die­sem «geo­gra­fi­schen Grund» hät­ten sich die Kirch­ge­mein­de Wil und die Kirch­ge­mein­de Ricken­bach nach inten­si­ven Über­prü­fun­gen – unter­stützt durch den Admi­ni­stra­ti­ons­rat des Katho­li­schen Kon­fes­si­ons­teils des Kan­tons St. Gal­len und des Kir­chen­rats der Katho­li­schen Lan­des­kir­che des Kan­tons Thur­gau – der Fusi­on ange­nom­men. «Die Bischö­fe von Basel und St. Gal­len haben ver­trag­lich gere­gelt, dass Ricken­bach zu Wil kir­chen­ge­nös­sig ist, jedoch eine eige­ne Pfar­rei bleibt. In einer Grund­satz­ab­stim­mung im Jah­re 2013 haben sich die Kirch­bür­ger von Ricken­bach und Wil für die­se Fusi­on aus­ge­spro­chen.»

«Denk­bar ist auch Ver­bleib beim Bis­tum Basel»

Die­se Ent­wick­lung könn­te sich unter neu­en Vor­zei­chen für den Bas­ler Bischof Felix Gmür und den Nach­fol­ger von Vitus Huon­der im Bis­tum Chur wie­der­ho­len, wenn Fisi­bach zum Kan­ton Zürich wech­seln darf. Auch dann müss­te ein Pasto­ra­ti­ons­ver­trag aus­ge­ar­bei­tet wer­den, erklärt Mar­kus Thü­rig, Gene­ral­vi­kar des Bis­tums Basel. «Ein sol­cher regelt die Über­ga­be der pasto­ra­len Auf­ga­ben in die Ver­ant­wor­tung des ande­ren Bischofs. Im Fal­le von Ricken­bach ist es so, dass der Bischof von St. Gal­len eine Pfar­rei über­nimmt, die zum Bis­tum Basel gehört.Der mit dem Wech­sel zum Kan­ton Zürich ein­her­ge­hen­de Über­tritt zum Bis­tum Chur könn­te für die Fisi­ba­cher (und gege­be­nen­falls auch für die Kai­ser­stuh­ler) zum Kul­tur­schock wer­den, gilt doch das Bis­tum Chur im Gegen­satz zum Bis­tum Basel als deut­lich kon­ser­va­ti­ver. «Für die Seel­sor­ge ist es nicht unmit­tel­bar match­ent­schei­dend, zu wel­chem Bis­tum eine Pfar­rei gehört», ist Mar­kus Thü­rig über­zeugt; denn ein Wech­sel sei in der Regel auf lan­ge Zeit ange­legt, die aktu­el­le Situa­ti­on in einem Bis­tum oder auch eine bestimm­te Per­so­na­lie spiel­ten im Grun­de kei­ne Rol­le. Und natür­lich wäre auch der umge­kehr­te Fall mög­lich, meint Mar­kus Thü­rig: Es wäre denk­bar, dass die Pfar­rei Fisi­bach-Kai­ser­stuhl wei­ter­hin vom Bischof von Basel betreut wird. Doch bis es soweit sei, müss­ten erst ein­mal die poli­ti­schen Wei­chen gestellt wer­den, so der Gene­ral­vi­kar des Bis­tums Basel. Wenn das gesche­hen sei, wer­den die Diö­ze­sen und die staats­kir­chen­recht­li­chen Kör­per­schaf­ten schau­en, wie man das regeln wol­le.

Kir­chen­steu­ern für juri­sti­sche Personen

Bei der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che Aar­gau ist Gene­ral­se­kre­tär Mar­cel Not­ter froh, dass man für den Fall eines Kan­tons­wech­sels genü­gend Zeit hat, sich mit allen Betei­lig­ten Gedan­ken zu machen. «Für uns ist das etwas Neu­es, seit der Kan­tons­grün­dung hat es das noch nie gege­ben». Gesetzt den Fall, Kan­to­ne und Bund seg­ne­ten den Kan­tons­wech­sel ab, so wären nach Ein­schät­zung von Mar­cel Not­ter zumin­dest die staats­kir­chen­recht­li­chen Ver­hält­nis­se klar gere­gelt: «Wenn Fisi­bach zum Kan­ton Zürich über­tritt, wären die Fisi­ba­cher poli­tisch Ein­woh­ner des Kan­tons Zürich. Das hies­se, dass sie dann nicht mehr der Römisch-Katho­li­schen Lan­des­kir­che des Kan­tons Aar­gau ange­hör­ten, son­dern der staats­kir­chen­recht­li­chen Kör­per­schaft des Kan­tons Zürich.» Dar­über hin­aus: Ein Kan­tons­wech­sel hät­te steu­er­tech­nisch für Gewer­be­trei­ben­de Fol­gen, denn im Gegen­satz zum Aar­gau zieht der Kan­ton Zürich auch von juri­sti­schen Per­so­nen Kir­chen­steu­ern ein.In Bad Zurz­ach, wo sich Mar­cus Hütt­ner als Gemein­de­lei­ter ad inte­rim mit dem ange­dach­ten Pasto­ral­raum Zurz­ach-Stu­den­land beschäf­ti­gen muss, ist das Gan­ze «noch kein The­ma. Auch nicht bei den Gläu­bi­gen». Zu den Über­le­gun­gen, was ein Wech­sel von Fisi­bach und Kai­ser­stuhl in den Kan­ton Zürich bedeu­ten könn­te, woll­te der Theo­lo­ge nichts sagen. Und auch Felix Vöge­le, der Kir­chen­pfle­ge­prä­si­dent von Kai­ser­stuhl-Fisi­bach bleibt vor­sich­tig. Geklei­det in char­man­ten Humor lässt er aber gleich­wohl durch­blicken, was er sich wünscht: «Wenn doch unser Bischof schon ein Namens­vet­ter von mir ist, dann kön­nen wir doch nicht ins Bis­tum Chur wechseln.» 
Andreas C. Müller
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