Bischof ver­lang­te Trans­pa­renz – Küng hielt sich nicht daran

Bischof ver­lang­te Trans­pa­renz – Küng hielt sich nicht daran

Bischof Felix Gmür leg­te vor den Medi­en offen, wel­che Bedin­gun­gen er vor der Pfarr­wahl in Rie­hen gestellt hatte

Vor der Pfarr­wahl in Rie­hen hat Diö­ze­san­bi­schof Felix Gmür sei­ne Zustim­mung zur Ernen­nung von Ste­fan Küng an die Bedin­gung geknüpft, dass die­ser gegen­über der Pfar­rei vol­le Trans­pa­renz zu sei­ner Ver­gan­gen­heit schaf­fe. «Das hat er lei­der nicht getan», hielt Gmür an einer Medi­en­kon­fe­renz vom 23. Janu­ar in Solo­thurn fest. Er hät­te Küng dar­um auch im Fall einer Wahl durch die Pfar­rei nicht zum Pfar­rer ernannt, sag­te der Bischof.Die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on schla­ge Ste­fan Küng als Pfar­rer vor, und Bischof Gmür habe die­sem Antrag zuge­stimmt: Das publi­zier­te die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on Rie­hen im August 2018 im Pfarr­blatt «Kir­che heu­te» und im Kan­tons­blatt Basel-Stadt. Auch an der Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung vom 10. Janu­ar im Pfar­rei­heim St. Fran­zis­kus erwähn­te Kom­mis­si­ons­prä­si­dent Ste­fan Suter, der Bischof stim­me zu, dass Küng in Rie­hen Pfar­rer wer­den kön­ne.Das war jedoch nicht die gan­ze Wahr­heit. An sei­ner nach dem Rück­zug der Kan­di­da­tur ein­be­ru­fe­nen Medi­en­kon­fe­renz leg­te der Bischof jetzt offen, dass er sei­ne Zustim­mung zur Ernen­nung Küngs mit Auf­la­gen ver­bun­den und an Bedin­gun­gen geknüpft hat­te. Die­se habe er Ste­fan Küng am 30. Juli 2018 im Rah­men einer Bespre­chung der ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten eröffnet: 
  • Super­vi­so­ri­sche Beglei­tung und Coaching
  • kei­ne Kin­der- und Jugendarbeit
  • Küng müs­se sei­ne Situa­ti­on gegen­über der Pfar­rei voll­um­fäng­lich offen­le­gen und voll­stän­di­ge Trans­pa­renz über sei­ne Ver­gan­gen­heit herstellen.

Trans­pa­renz war nicht erfüllt

Zum letz­ten Punkt ergänz­te der Bischof, dass auch eines der von ihm ein­ge­hol­ten Gut­ach­ten aus­drück­lich von Küng ver­langt habe, er müs­se alles offen­le­gen. «Dar­auf hat er jedoch lei­der ver­zich­tet», sag­te der Bischof an der Medi­en­kon­fe­renz. «Ich hät­te dar­um auch nach einer erfolg­rei­chen Wahl in Rie­hen die Ernen­nung nicht durch­ge­führt.» Dies, so erklär­te Gmür, hät­te er Küng an einem neu­en Gesprächs­ter­min nach der Wahl mit­ge­teilt, der bereits seit län­ge­rem ver­ein­bart sei.Küng hät­te laut Bischof Gmür die Pflicht gehabt, die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on über die Bedin­gun­gen des Bischofs zu infor­mie­ren. «Ob er das gemacht hat, weiss ich nicht», sag­te Gmür. Bekannt­lich hat Küng am 15. Janu­ar sei­ne Kan­di­da­tur als Pfar­rer in Rie­hen zurück­ge­zo­gen, nach­dem neue Ein­zel­hei­ten aus dem 2012 im Kan­ton Thur­gau gegen ihn ver­häng­ten Urteil öffent­lich wur­den.Auf die Fra­ge, war­um er denn nicht selbst die gefor­der­te voll­stän­di­ge Trans­pa­renz über Küngs Ver­gan­gen­heit her­ge­stellt und den Inhalt des Straf­be­fehls wegen einer sexu­el­len Hand­lung mit einem Kind öffent­lich gemacht habe, erklär­te der Bischof, der Per­sön­lich­keits- und der Opfer­schutz hät­ten dies nicht zuge­las­sen. Er müs­se sich an das schwei­ze­ri­sche Recht hal­ten. «Bis zur Offen­le­gung des Straf­be­fehls durch den Thur­gau­er Staats­an­walt (Mit­te Janu­ar 2019 – Anmer­kung der Redak­ti­on) war Küng die ein­zi­ge Per­son, die über den Inhalt des Straf­be­fehls hät­te Aus­kunft geben dür­fen. Das hat er jedoch nicht getan.»Ste­fan Küng selbst teil­te auf Anfra­ge von «Kir­che heu­te» mit, er ste­he zur­zeit für kei­ner­lei Medi­en­an­fra­gen zur Ver­fü­gung.

Fall Rie­hen zeigt Hand­lungs­be­darf auf

Auf Nach­fra­gen ergänz­te Bischof Felix Gmür, er habe mit Ste­fan Küng Kon­takt gehabt, als bekannt gewor­den sei, dass in Rie­hen Unter­schrif­ten für ein Refe­ren­dum zu sei­ner Wahl gesam­melt wur­den. «Ich habe ihn gefragt: Wol­len Sie das? Sind Sie bereit, die Bedin­gun­gen zu erfül­len? Er sag­te ja.» Trotz­dem habe Küng die Trans­pa­renz­be­din­gung in der Fol­ge nicht erfüllt.Ob er nicht spä­te­stens dann hät­te ein­schrei­ten müs­sen, als er fest­stell­te, dass auch an der von Küng ein­be­ru­fe­nen Infor­ma­ti­ons­ver­an­stal­tung vom 10. Janu­ar in Rie­hen kei­ne vol­le Trans­pa­renz über den Straf­be­fehl her­ge­stellt wur­de, woll­ten die Medi­en­ver­tre­ter wis­sen. Als Bischof dür­fe er sich nicht in das staats­kir­chen­recht­li­che Wahl­ver­fah­ren ein­mi­schen, ent­geg­ne­te Gmür: «Wehe, wenn ein Bischof das Wahl­ver­fah­ren nicht respek­tiert!»Es sei gut, dass der Inhalt des Straf­be­fehls dann doch öffent­lich wur­de, mein­te der Bischof. Für ihn sei es ein Pro­blem, wenn Ste­fan Küng dies nicht von sich aus gemacht habe. Öffent­li­che Trans­pa­renz sei ober­stes Gebot. Für Bischof Gmür, der inner­halb der Schwei­zer Bischofs­kon­fe­renz ist (SBK) für das Fach­gre­mi­um «Sexu­el­le Über­grif­fe im kirch­li­chen Umfeld» ver­ant­wort­lich und seit Anfang Jahr auch Prä­si­dent der SBK ist, zeigt der Fall Rie­hen auf, dass der heu­ti­ge Infor­ma­ti­ons­fluss nicht genügt. Er als Bischof müs­se die nöti­gen Infor­ma­tio­nen auch wei­ter­ge­ben kön­nen. Viel­leicht brau­che es neue Regeln, dar­über wol­le er mit den Lan­des­kir­chen reden.

Reso­zia­li­sie­rung nur über Transparenz

Zur Grund­satz­fra­ge, war­um er es nicht rund­weg abge­lehnt habe, den wegen eines sexu­el­len Ãœber­griffs straf­fäl­lig Gewor­de­nen erneut als Prie­ster ein­zu­set­zen, erklär­te Bischof Gmür, ohne Abklä­run­gen wäre das «nicht gerecht gewe­sen». Als Bischof habe er eine Sorg­falts­pflicht sowohl gegen­über den Gläu­bi­gen als auch gegen­über den Mit­ar­bei­ten­den. Die – drei­jäh­ri­ge – Bewäh­rungs­frist von Ste­fan Küng war ohne Zwi­schen­fäl­le abge­lau­fen. Es habe gegen ihn kei­ne recht­li­chen Auf­la­gen, kein Berufs­ver­bot, kein Kon­takt­ver­bot und kein Ray­on­ver­bot gege­ben – weder vom Staat noch von der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on in Rom.Als die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on Rie­hen Küngs Ernen­nung zum Pfar­rer ver­lang­te, habe er des­halb Exper­ten prü­fen las­sen, ob nach mensch­li­chem Ermes­sen Ãœber­grif­fe aus­ge­schlos­sen wer­den könn­ten. Er gab ein foren­si­sches (gerichts­psy­cho­lo­gi­sches) und ein kir­chen­recht­li­ches Gut­ach­ten in Auf­trag. Das erste­re habe die Rück­fall­ge­fahr bei Ste­fan Küng mit der tief­sten Stu­fe 1 auf der Ska­la von 1 bis 9 beur­teilt. Sei­ne eige­ne Anfor­de­rung for­mu­lier­te der Bischof an der Medi­en­kon­fe­renz so: «Mir war von Anfang an klar, dass eine beruf­li­che Wie­der­ein­glie­de­rung nur über Trans­pa­renz mög­lich wäre.»

Fra­gen zur Vor­ge­schich­te der Wahl

Auf die ent­spre­chen­de Fra­ge bestä­tig­te Bischof Gmür, dass Ste­fan Küng bereits seit 2015 in der Pfar­rei Rie­hen und andern­orts Aus­hilfs­dien­ste als Prie­ster gelei­stet hat­te. «Dar­über wur­de ich nicht infor­miert und wur­de zuvor auch nicht gefragt», sag­te der Bischof und ergänz­te nach einem kur­zen Zögern: «Das ist aber nicht unge­setz­lich.»Wei­ter erklär­te er, dass die Pfarr­wahl in Rie­hen «kein nor­ma­les Ver­fah­ren» gewe­sen sei. Die Ver­fas­sung der RKK Basel-Stadt sieht vor, dass die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on aus einer ihr vom Diö­ze­san­bi­schof unter­brei­te­ten Liste einen Kan­di­da­ten bestimmt, der dann der Wahl durch die Stimm­be­rech­tig­ten unter­liegt. Gemäss den Aus­füh­run­gen des Bischofs war es in Rie­hen jedoch so, dass ihm als erstes die Bewer­bung von Ste­fan Küng vor­ge­legt wur­de. Auf­grund von Vor­be­hal­ten wegen des­sen Vor­ge­schich­te sei­en wei­te­re Kan­di­da­ten zu einer Bewer­bung moti­viert wor­den, die Pfarr­wahl­kom­mis­si­on habe die­se jedoch im Novem­ber 2017 abge­lehnt.Eben­falls im Novem­ber 2017 habe die Kom­mis­si­on Ste­fan Küng als Koor­di­na­tor in Rie­hen ein­set­zen wol­len. Dies wie­der­um habe der Bischof abge­lehnt, weil damit Küngs Wahl als Pfar­rer «vor­ge­spurt» wor­den wäre.Zur Rol­le und zum Vor­ge­hen der Pfarr­wahl­kom­mis­si­on bei der Pfarr­wahl in Rie­hen woll­te der Bischof kei­nen Kom­men­tar abge­ben. Der Prä­si­dent der Pfarr­wahl­kom­mis­si­on, Ste­fan Suter, teil­te sei­ner­seits auf Anfra­ge von «Kir­che heu­te» mit: «Da der Bewer­ber sei­ne Kan­di­da­tur zurück­ge­zo­gen hat, wur­de beschlos­sen, in die­ser Ange­le­gen­heit nicht mehr zu kom­mu­ni­zie­ren.»

Wie wei­ter mit Küng und mit Riehen?

Das Ver­trau­en von Felix Gmür in Ste­fan Küng ist offen­bar erschüt­tert. Zur Zukunft des 48-jäh­ri­gen Prie­sters erklär­te der Bischof, er sehe für ihn kei­ne Tätig­keit als Seel­sor­ger im Bis­tum Basel. Sei­ne Zukunft wer­de er mit ihm bespre­chen.Zur Fra­ge, ob er sich per­sön­lich nach Rie­hen bege­ben wer­de, um mit der gespal­te­nen und ver­un­si­cher­ten Pfar­rei das Gespräch zu suchen, sag­te der Bischof, dass er das wei­te­re Vor­ge­hen noch nicht fest­ge­legt habe. «Manch­mal sind Wun­den auch heil­sam», füg­te er bei.Chri­sti­an von Arx
Christian von Arx
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