In gestärkter Solidarität in die Zukunft
- Der Regierungsrat und die drei Landeskirchen des Kantons Aargau geben abwechselnd jedes Jahr zum Eidgenössischen Dank‑, Buss- und Bettag einen Aufruf an die Aargauer Bevölkerung heraus. In diesem Jahr wird der Text des Bettagsmandats von den drei Aargauer Landeskirchen verantwortet.
- In ihrem diesjährigen Aufruf appellieren die Aargauer Landeskirchen für mehr Solidarität.
Der Eidgenössische Bettag ist ein staatlich verordneter Feiertag und hat seinen Ursprung im staatlich- kirchlichen Zusammenwirken. Dass der Bettag in der ganzen Schweiz am dritten Sonntag im September gefeiert wird, geht auf eine Initiative des Kantons Aargau aus dem Jahre 1831 zurück. Die Nation sollte damit einmal im Jahr zur gleichen Stunde im Gebet zu Gott und für das Vaterland geeint werden. Auch heute noch soll der Bettag daran erinnern, dass die Schweiz auf einer Wertegrundlage fusst. Der Feiertag wird heute interreligiös gelebt und lädt die gesamte Gesellschaft dazu ein, innezuhalten, sei es im Gebet oder auf individuelle andere Weise.Vor einigen Jahren, noch vor der Klimadebatte, wurde in der Schweiz eine Diskussion darüber geführt, ob der Bettag autofrei erklärt werden soll, um dadurch alle öffentlichen Plätze und Strassen der Bevölkerung zum freien Gemeingebrauch ohne privaten Motorfahrzeugverkehr zugänglich machen zu können.Unsere Gesellschaft war in den vergangenen Monaten aus anderen Gründen gehalten, inne zu halten, das Tempo zu drosseln oder von lieben Gewohnheiten für eine bestimmte Zeit Abstand zu nehmen. Diese noch vor wenigen Monaten kaum vorstellbaren Einschränkungen im täglichen Leben haben uns alle einzeln, aber auch die Gesellschaft als Ganzes geprägt. Es wurde uns zunehmend bewusst, wie sehr wir als Menschen die Freiheit lieben, Kontakte leben, Berührungen erleben wollen. Wir durften erfahren, wie wertvoll die Schöpfung und die wunderbare Nähe zur Natur im schönen Aargau ist. Wir erlebten, wie uns all dies auch in schwierigen Zeiten zu stärken vermag.Die diesjährige Krise hat auch dazu geführt, dass die Solidarität zwischen Menschen, die zuvor nicht in einem Kontakt zueinander standen, hat wachsen können. Einzelne Personen, Jugendliche, Mitglieder von Kirchgemeinden haben ältere Personen oder solche, die zu einer sogenannten Risikogruppe gehörten, mit Esswaren und Dingen des täglichen Lebens versorgt. Musikerinnen und Musiker haben vor Altersheimen zum Konzert aufgespielt. Wirtinnen und Wirte haben das Essen zu uns gebracht, weil wir nicht bei ihnen Gast sein durften. Die Liste dieser gelebten Solidarität liesse sich noch erweitern.Wir sind uns heute auch bewusst, dass diese Solidarität noch lange von uns verstärkt gefordert sein wird. Nicht nur in Bezug auf Abstandsvorschriften. Mehr noch in Bezug auf das Miteinander, wie die Folgen dieser Pandemie zu bewältigen sein werden. Die Solidarität zwischen den Generationen ist dabei genauso gefordert wie jene zwischen Erwerbstätigen und solchen ohne Beschäftigung.Der Bettag kann dieses Jahr dazu anstossen, sich über die wichtigen Dinge im Leben, die in den letzten Monaten gefehlt haben, nachzudenken. Sich Gedanken dazu zu machen, wie die erlebte Solidarität nachhaltig gestaltet werden kann. Wenn wir dies gemeinsam tun, so kann aus dieser Krise ein neues Verständnis für das Miteinander in der heutigen Gesellschaft wachsen. Ein Bettag allein wird das nicht bewirken. Er kann und soll aber dazu dienen, die Debatte zur Solidarität unter den Bewohnern dieses Kantons und dieses Landes für die Zukunft neu zu beleben.