Bischof Felix verordnet seinem Personal einen «Predigt-Intervisionskurs». Die Idee stösst nicht nur auf Gegenliebe.Im Jahr 2015 wurde in St. Gallen die sogenannte Kirchenreputationsstudie veröffentlicht. Diese Studie befragte insgesamt rund 1400 Personen, Politiker, Theologiestudierende und Studierende der Pädagogischen Hochschule, zu ihrer Einschätzung der Kirchen in der Schweiz. Ein Punkt war die Frage nach der Qualität der Predigten. Die Ergebnisse zeigten, dass die Predigten insgesamt als wenig ansprechend wahrgenommen und die katholischen Predigten schlechter eingestuft wurden als die der reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer. Auf Nachfragen bestätigt der Kommunikationsverantwortliche des Bistums Basel, Hansruedi Huber: Die Studie ist Grund für die angesetzte verpflichtende Weiterbildung.
Breites Medienecho zur Aufforderung aus Solothurn
Im April kam nun aus Solothurn die entsprechende Aufforderung die Predigttätigkeit zu reflektieren. «Eine Predigt ist […] eine Kunst, die in der Medien- und Unterhaltungsgesellschaft grosse Konkurrenz bekommen hat. Deshalb setzt Bischof Felix Gmür auf die Stärkung der Predigtkompetenz seiner Seelsorgerinnen und Seelsorger. 2017 werden alle, die zur Predigt (Homilie) berechtigt sind, das eigene Predigen in einem Seminar reflektieren und auffrischen», heisst es in der entsprechenden Medienmitteilung des Bistums Basel.In den Medien wurde die Aufforderung von Felix Gmür breit aufgenommen; Radio SRF berichtete ebenso wie der
Blick. Es gehe darum, so der Bischof, dass die predigenden Seelsorgerinnen und Seelsorger ihre Möglichkeiten ausschöpfen lernten. Denn, so Felix Gmür gegenüber der Presse, die katholischen Predigenden seien sehr frei in dem, was sie machen könnten. Thomas Kyburz-Boutellier, Bildungsverantwortlicher Bistum Basel, nennt im
Regionaljournal (ab Minute 2:38) vom 13. April 2017 den Bischof selber als gutes Vorbild: Er stehe mit dem Mikrofon in der Hand vorne und baue so eine Verbindung zur Gemeinde auf.
Von kritisch bis wohlwollend – Reaktionen der Seelsorgenden
Ganz unumstritten ist die verpflichtende Weiterbildung bei den Seelsorgerinnen und Seelsorgern nicht, denn die Teilnehmenden sollen unter anderem eine Predigt in guter Ton- und Bildqualität aufnehmen. Andres Lienhard, Co-Dekanatsleiter Freiamt, sagt: «Eine gute Film- und Tonaufnahme einer Predigt ist aufwändig, und viele Mitglieder der Dekanatsversammlung sehen Schwierigkeiten, wie sich dies innert der kurzen Zeitspanne realisieren lässt.»Doch es gibt auch andere Stimmen. Andreas Bossmeyer, Diakon in Rütihof, erklärt, es habe im Team keinerlei Vorbehalte gegen die Fortbildung gegeben; alle vier Seelsorger würden teilnehmen, auch wenn man ohne die Vorgabe des Bistums nicht ohne Weiteres darauf gekommen wäre. «Wir halten professionelles Feedback zu einer unserer Kerntätigkeiten für sinnvoll und wünschenswert. Ich kenne die Vorbehalte gegenüber Videoaufzeichnungen und sicher ist es ungewohnt, sich selbst zu sehen und zu hören, doch finde ich, gehört dieses «Ausgesetzt Sein» zu den heute üblichen Regeln der Kontrolle und Einschätzung von Kommunikationsgeschehen dazu», ergänzt Andreas Bossmeyer.
Hoher Rücklauf und warten auf den November
Auf den aktuellen Stand der Anmeldungen angesprochen, gibt Hansruedi Huber wie folgt Auskunft: «Von den 665 eingeladenen Priestern, Seelsorgerinnen und Seelsorgern mit Missio haben sich per heute, 7. Juni 2017, 575 angemeldet. 60 sind altershalber oder aus anderen Gründen dispensiert worden. 30 Rückmeldungen sind noch ausstehend».Zusätzlich zur Weiterbildung rief der Bischof auch dazu auf, am Schweizer Predigtpreis 2017 teilzunehmen. Dieser wurde bereits zum zweiten Mal von der reformierten Kirche ausgelobt. Bis zum 15. Mai konnten sich Predigerinnen und Prediger beim ökumenisch offenen Preis bewerben. Am 6. November 2017 werden die Gewinnerinnen oder Gewinner bekanntgeben. Ob auch katholische Prediger und Predigerinnen aus dem Bistum Basel dabei sind, bleibt abzuwarten.