Ja zu Lan­des­kir­chen­sta­tus – auch für Muslime

Am 18. Okto­ber wird gewählt. Die CVP-Poli­ti­ke­rin Ruth Hum­bel hat intak­te Chan­cen auf den frei­ge­wor­de­nen Stän­de­rats­sitz. Hori­zon­te gegen­über hat die Natio­nal­rä­tin aus Bir­menstorf ihre Posi­tio­nen dar­ge­legt. Auch hin­sicht­lich der Rol­le der Kir­chen und des Islam.Frau Hum­bel, sie eilen im Wahl­kampf von Ter­min zu Ter­min. Wie orga­ni­sie­ren Sie sich? Ruth Hum­bel: Seit gut zwei Wochen sind es lan­ge Tage. Doch es geht gut. Ich wer­de von einem Team unter­stützt, das mir bera­tend zur Sei­te steht. Zudem küm­mert sich mei­ne Toch­ter zusam­men mit dem Sekre­ta­ri­at der CVP Aar­gau um alles Admi­ni­stra­ti­ve.Und war­um wol­len Sie jetzt nach 12 Jah­ren Natio­nal­rat ins Stöck­li wech­seln? Einer­seits möch­te ich mich noch spe­zi­fi­scher für Aar­gau­er Inter­es­sen ein­set­zen, ande­rer­seits ent­spricht mir der lösungs­ori­en­tier­te Polit­stil bes­ser. Im Stän­de­rat kon­zen­triert man sich auf die Zusam­men­ar­beit. Das liegt mir. Im Natio­nal­rat ist das par­tei­po­li­ti­sche Gezer­re doch sehr inten­siv.Besucht man Podi­ums­dis­kus­sio­nen, so domi­niert die Asyl­the­ma­tik vor allem ande­ren. Tei­len Sie die­sen Ein­druck? Ja, doch. Das stimmt. Das hat mit der aktu­el­len Ent­wick­lung zu tun und auch mit Äng­sten, die bei den Leu­ten vor­han­den sind.Wo steht die CVP in der Asyl­fra­ge mit Ihnen? Wir wol­len die huma­ni­tä­re Tra­di­ti­on der Schweiz wei­ter­füh­ren und ech­ten Flücht­lin­gen Schutz bie­ten. Wir wol­len kein «Asyl­mo­ra­to­ri­um» wie die SVP, son­dern schnel­le­re Ver­fah­ren, einen kon­se­quen­ten Voll­zug und Arbeit für Flücht­lin­ge in der vor­läu­fi­gen Auf­nah­me. Gera­de die Land­wirt­schaft könn­te anstel­le von Bil­lig­ar­beits­kräf­ten aus dem Aus­land Flücht­lin­ge beschäf­ti­gen.Im Aar­gau sor­gen die Vor­ga­ben des Bun­des zur Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen immer wie­der für Kon­flik­te. Was könn­ten Sie da als Aar­gau­er Stän­de­rä­tin tun? Sicher Unter­stüt­zung bei der Suche nach geeig­ne­ten Orten zur Unter­brin­gung von Flücht­lin­gen bie­ten. Dar­über hin­aus unter­stüt­ze ich das neue Gesetz mit regio­na­len Erst­auf­nah­me­zen­tren. Ein sol­ches soll auch für die Nord­west­schweiz rea­li­siert wer­den und dazu bei­tra­gen, dass Asyl­ver­fah­ren abge­kürzt wer­den.Käme ein sol­ches regio­na­les Asyl­zen­trum in den Aar­gau? Dazu kann ich zum jet­zi­gen Zeit­punkt nichts sagen. Auch, um Regie­rungs­rä­tin Susan­ne Hoch­u­li nicht in den Rücken zu fal­len.Kom­men wir zu einem ande­ren The­ma: Als CVP-Poli­ti­ke­rin ver­tre­ten Sie eine Par­tei, die über lan­ge Zeit eng mit der katho­li­schen Kir­che ver­bun­den war. Wel­chen Bezug haben Sie noch zur Kir­che und wo sehen Sie die Rol­le der Kir­chen in der Gesell­schaft? Ich sel­ber bin katho­lisch, mei­ne Toch­ter musi­ziert als Orga­ni­stin. Die christ­li­chen Lan­des­kir­chen haben nach wie vor eine wich­ti­ge Funk­ti­on in unse­rer Gesell­schaft, sie geben den Men­schen Halt. Ent­spre­chend bin ich für die Bei­be­hal­tung des Lan­des­kir­chen­sta­tus – auch als ein Zei­chen der Aner­ken­nung für das, was die Kir­chen in der Gesell­schaft an wich­ti­gen Auf­ga­ben über­neh­men.Dürf­ten Ihrer Ansicht nach auch die Mus­li­me in der Schweiz die­sen Lan­des­kir­chen­sta­tus für sich bean­spru­chen? Wenn der Islam bei uns ein kla­res Bekennt­nis zum Rechts­staat lie­fert und sich öff­net. Von frau­en­feind­li­chen und rechts­staats­feind­li­chen Ideen, wie sie vor allem von Kon­ver­ti­ten bei uns ver­tre­ten wer­den, müs­sen sich mus­li­mi­schen Ver­bän­de klar distan­zie­ren. Und es müs­sen für mus­li­mi­sche Mäd­chen die­sel­ben Regeln gel­ten wie für alle ande­ren Kin­der auch. Kei­ne «Son­der­züg­li» in Sachen Kopf­tuch oder Aus­nah­me­re­ge­lung beim Schwimm­un­ter­richt. Da bin ich klar dage­gen, weil dies die betrof­fe­nen Mäd­chen zu Aus­sen­sei­tern macht.Als Gesund­heits­po­li­ti­ke­rin haben Sie sicher­lich bemerkt, dass der kirch­li­chen Seel­sor­ge an Spi­tä­lern das­sel­be Schick­sal droht wie dem kon­fes­sio­nel­len Reli­gi­ons­un­ter­richt an den Schu­len. Die Spi­tal- und Heim­seel­sor­ge kommt zuneh­mend unter Druck und könn­te aus den Insti­tu­tio­nen ver­drängt wer­den. Die Kir­chen dür­fen nicht aus Spi­tä­lern und ande­ren Insti­tu­tio­nen ver­trie­ben wer­den. Gera­de wenn wir nun Pal­lia­ti­ve Care för­dern, dür­fen wir nicht ver­ges­sen, dass die Kir­chen in die­ser Dis­zi­plin eine wich­ti­ge Rol­le spie­len — bei der see­li­schen und zwi­schen­mensch­li­chen Beglei­tung von Schwerst­kran­ken.Der CVP wird oft nach­ge­sagt, sie habe kei­nen kla­ren Kurs. In der Kri­tik steht nicht nur ihre Asyl‑, son­dern auch ihre Fami­li­en­po­li­tik. Ja, so muss es nach aus­sen hin gewirkt haben, als wir ein­mal mehr ver­sucht haben, mehr­heits­fä­hi­ge Lösun­gen zu fin­den. Ich habe das sehr bedau­ertWas für eine Fami­li­en­po­li­tik ver­tritt denn die CVP mit Ihnen? Für mich steht beim Begriff Fami­lie das Wohl der Kin­der im Zen­trum, denn Kin­der machen ja die Fami­lie aus. Inso­fern aner­ken­ne ich auch Patch­work­fa­mi­li­en als Teil geleb­ter Fami­li­en­rea­li­tät. Doch zie­he ich kla­re Gren­zen: Dass gleich­ge­schlecht­li­che Paa­re Kin­der adop­tie­ren, unter­stüt­ze ich nicht.Und wie hal­ten Sie es mit den Vätern, die gera­de bei Tren­nun­gen und Schei­dun­gen oft den Kon­takt zu ihren Kin­dern ver­lie­ren? Wie ste­hen Sie zu einer Stär­kung der Rech­te von Vätern? Die geteil­te elter­li­che Sor­ge habe ich unter­stützt – es darf nicht ein­fach nur Zahl­vä­ter geben. Die Rich­ter rea­li­sie­ren hof­fent­lich, dass Väter auch bei der Erzie­hung Ver­ant­wor­tung tra­gen und tra­gen wol­len.Zum Letz­ten die Euro­pa-Fra­ge: Wie poli­ti­sie­ren Sie da? Gera­de für den Aar­gau sind die Bezie­hun­gen zur EU sehr wich­tig. Aus die­sem Grund dür­fen wir den bila­te­ra­len Weg nicht auf­ge­ben. Auch bei der Umset­zung der Mas­sen­zu­wan­de­rungs­in­itia­ti­ve dür­fen die wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen unse­res Lan­des nicht gefähr­det wer­den. Das steht auch im Ver­fas­sungs­text der Massenzuwanderungsinitiative. 
Andreas C. Müller
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