Befreit sterÂben: Wie geht das?
- Die bekannÂte EntÂwickÂlungsÂpsyÂchoÂloÂgin PasÂquÂaliÂna PerÂrig-ChielÂlo brach gestern DiensÂtag, 25. August, in AarÂau eine LanÂze für das VerÂgeÂben und Vergessen.
- Die BerÂner Uni-DozenÂtin kam auf EinÂlaÂdung der AarÂgauÂer LanÂdesÂkirÂchen, die sich seit JahÂren im Bereich AusÂbilÂdung PalÂliaÂtiÂve Care, also für BegleiÂtung am LebensÂenÂde engagieren.
«VerÂzeiÂhen ist ein komÂpleÂxer ProÂzess», liess GastÂreÂfeÂrenÂtin PasÂquÂaliÂna PerÂrig-ChielÂlo schon gleich zu Beginn des Abends verÂlauÂten und bemühÂte zur UnterÂmaueÂrung dieÂser allÂgeÂmein bekannÂten ErkenntÂnis neben der PsyÂchoÂloÂgie auch PhiÂloÂsoÂphie, LiteÂraÂtur, Kunst und PoliÂtik. HanÂnah AreÂndt wurÂde genauÂso zitiert wie HeinÂrich von Kleists MichaÂel KohlÂhaas, Edith Piaf, NelÂson ManÂdeÂla oder der Dalai Lama. Das TheÂma des Abends: VerÂzeiÂhen oder verÂgesÂsen? Das Leben gut abschliesÂsen. Aber wie?
VerÂschieÂdeÂne ForÂmen der Vergebung
Zum TheÂmenÂabend gelaÂden hatÂten die AarÂgauÂer LanÂdesÂkirÂchen, und zwar ins «Haus der ReforÂmierÂten» am StritÂtenÂgässÂli in AarÂau. Es gebe verÂschieÂdeÂne ForÂmen des VerÂzeiÂhens und die meiÂsten folgÂten nieÂdeÂren BewegÂgrünÂden, führÂte die RefeÂrenÂtin dort aus: RachÂsüchÂtiÂges VerÂzeiÂhen, VerÂzeiÂhen unter gewisÂsen BedinÂgunÂgen, aufÂgrund von soziaÂlen ErwarÂtunÂgen, weil es die LebensÂphiÂloÂsoÂphie oder die ReliÂgiÂon verÂlanÂgen, VerÂzeiÂhen um der HarÂmoÂnie wegen.VerÂgeÂben könÂne man erst, wenn man verÂschieÂdeÂne PhaÂsen durchÂlauÂfen habe. Zunächst müsÂse man die negaÂtiÂven GefühÂle, die Wut und den Schmerz zulasÂsen. HerÂnach gehe es darÂum, zu verÂsteÂhen, dass man in der OpferÂrolÂle und in den damit zusamÂmenÂhänÂgenÂden, negaÂtiÂven GefühÂlen nicht weiÂter komÂme. Erst dann sei der bewussÂte EntÂscheid des VerÂgeÂbens mögÂlich. VerÂgeÂben müsÂse aber nicht verÂgesÂsen heisÂsen. Bei den FranÂzoÂsen heisÂse es: ParÂdonÂner oui, oublier jamais.
FrauÂen verÂgeÂben nicht so rasch
«Aber mögÂliÂcherÂweiÂse gibt es DinÂge, die unverÂzeihÂbar sind», fragÂte PasÂquÂaliÂna PerÂrig-ChielÂlo in die RunÂde. «Ja, sicher!», entÂgegÂneÂte ihr sogleich eine Frau aus dem PubliÂkum. «Und wie steht es um die UnfäÂhigÂkeit zur VerÂsöhÂnung?», wollÂte die langÂjähÂriÂge BerÂner Uni-DozenÂtin wisÂsen. GeraÂde MenÂschen mit schwaÂchem SelbstÂwertÂgeÂfühl würÂden entÂweÂder alles verÂgesÂsen und verÂgeÂben oder gar nichts. FrauÂen hätÂten zudem mehr Mühe, zu verÂgeÂben. EbenÂso MenÂschen mit einem starÂren WerÂteÂkorÂsett.Am LebensÂenÂde käme es letztÂlich auf die VerÂsöhÂnung mit der eigeÂnen LebensÂgeÂschichÂte an, so PasÂquÂaliÂna PerÂrig-ChielÂlo weiÂter – und auf ChaÂrakÂterÂstärÂken: emoÂtioÂnaÂle, menÂtaÂle, soziaÂle.
VerÂbitÂteÂrung macht dumm
Bei den AnweÂsenÂden kam der Abend gut an. VieÂle gaben an, viel NeuÂes zum TheÂma erfahÂren zu haben. Und in der Tat konnÂte die RefeÂrenÂtin mit einiÂgen interÂesÂsanÂten FakÂten aufÂwarÂten: «VerÂgeÂbung befreit auch GedanÂken!» StuÂdiÂen hätÂten gezeigt, dass VerÂbitÂteÂrung letztÂlich auch zu kogniÂtiÂven BeeinÂträchÂtiÂgunÂgen fühÂre.VerÂeinÂzelt angeÂganÂgeÂne AnweÂsenÂde bestäÂtigÂten gegenÂüber HoriÂzonÂte, dass für sie das meiÂste «RepeÂtiÂtiÂon» geweÂsen sei. Das InterÂesÂse an der VerÂanÂstalÂtung war bei vieÂlen ein rein PriÂvaÂtes – meist aus einem perÂsönÂliÂchen BewegÂgrund. Da traf man drei SchweÂstern, die unlängst ihre MutÂter «haben losÂlasÂsen müsÂsen». Eine andeÂre Frau bestäÂtigÂte, dass sie selbst etwas mit sich herÂumÂtraÂge, dass der VerÂgeÂbung bedürÂfe. Und vielÂfach hiess es auch einÂfach: «TolÂles TheÂma, Top-Referentin!»