Brand­ak­tu­el­le The­men im eige­nen Dialekt
Bild: © Leo­nie Wollensack

Brand­ak­tu­el­le The­men im eige­nen Dialekt

Die Psalmen auf Baseldeutsch

Im Oktober 2023 veröffentlichte Jürg Maier «ÌM BEBBI SI BÌÌBLE. S Nöie Teschdamänt uf Baaseldütsch». Das Buch war ein Erfolg, die Basler Bibelgesellschaft verkaufte in einem Vierteljahr über 2000 Exemplare. Ein Jahr später steht nun der Nachfolger in den Startlöchern: «ÌM BEBBI SINI BSALME. D Bsalme uf Baaseldütsch». Die beiden Übersetzer, Jürg Meier und Beat Weber, ermöglichen es den Menschen in Basel, einen weiteren Teil der Bibel in ihrer Muttersprache zu entdecken.

«Ìm Beb­bi si Bìì­b­le» heisst die Über­set­zung des Neu­en Testa­ments ins Basel­deut­sche von Jürg Mei­er. Die Bibel besteht aber doch nicht nur aus dem Neu­en Testa­ment, mag die eine oder der ande­re sich da gedacht haben. Genau so ging es auch Beat Weber – wie Jürg Mei­er Vor­stands­mit­glied der Bas­ler Bibel­ge­sell­schaft. Gemein­sam über­leg­ten sie sich: War­um nicht, wie in der Gideon­bi­bel, ergän­zend zum Neu­en Testa­ment auch die Psal­men über­setz­ten? Gesagt, getan. Fast das gan­ze Jahr über tra­fen sich Mei­er und der Psal­men­spe­zia­list Weber jeden Frei­tag­mor­gen, um gemein­sam an der basel­deut­schen Ver­si­on der Psal­men zu tüfteln.

Vom hebräi­schen Urtext direkt ins Baseldeutsch

Anders als bei sei­ner Über­set­zung des Neu­en Test­am­tens kon­sul­tier­te Mei­er dies­mal nicht ver­schie­de­ne deutsch­spra­chi­ge Über­set­zun­gen des bibli­schen Tex­tes, son­dern konn­te dank der Exper­ti­se von Weber direkt den hebräi­schen Urtext als Grund­la­ge neh­men. Weber (als Zür­cher) war somit für die Ursprungs­spra­che des Tex­tes zustän­dig, Mei­er für die Ziel­spra­che. Das sei span­nend und her­aus­for­dernd zugleich gewe­sen, so die bei­den Über­set­zer. «Das Hebräi­sche hat weni­ger Wör­ter als das Deut­sche. Daher sind vie­le Wör­ter mehr­deu­tig und ver­ei­nen ver­schie­de­ne Nuan­cen in sich erklärt Mei­er. Als Team, so fin­den die bei­den, haben sie sich bei der Über­set­zungs­ar­beit gut ergänzt. Weber brach­te die Genau­ig­keit mit, die es braucht, um dem Urtext gerecht zu wer­den, Mei­er die Locker­heit, um die­sen in ein gut les­ba­res Basel­deutsch zu gies­sen. «Die Ver­mitt­lung zwi­schen den bei­den Spra­chen, das war das Span­nen­de an die­sem Pro­jekt,» fin­det Weber. Das Pro­ze­de­re sah meist wie folgt aus: Die bei­den set­zen sich, jeweils als Ver­tre­ter «ihrer» Spra­che, zusam­men und for­mu­lier­ten eine Über­set­zung. Dabei lasen sie den Urtext mehr­mals und dis­ku­tier­ten, wel­che Wör­ter und Sprach­bil­der in Fra­ge kamen. Danach gin­gen sie aus­ein­an­der, jeder mach­te sich noch­mals für sich allein Gedan­ken und anschlies­send kamen sie wie­der zusam­men, um noch­mals an den For­mu­lie­run­gen zu fei­len. Weber erin­nert sich: «Da dis­ku­tier­ten und über­leg­ten wir manch­mal lan­ge, bis wir die rich­ti­ge For­mu­lie­rung gefun­den hat­ten, denn das braucht Sprachgefühl.»

Die Spra­che der Men­schen treffen

Wäär isch wie dr HEER, uns­re Gott?!
[…] wo […] dr Aar­mi us em Beb­bi-Sagg uuse holt
So steht es in der Über­set­zung des Psalm 113. Und in Psalm 131:
Vill­mee han i bes­ämf­tigt
und berueigt mi Seel,
wien e gstìllts Buschi bì sim Mam­mì
wien e gstìllts Buschi ìsch mi Seel bì mììr.

«Das ist eben Basel­dütsch», sagt Mei­er. Natür­lich wis­se er, dass es Men­schen gebe, die Vor­be­hal­te gegen­über einer basel­deut­schen Bibel­über­set­zung haben; immer­hin han­delt es sich bei den Tex­ten um das Wort Got­tes. «Ich ant­wor­te ihnen dann immer: ‹Glaubt ihr, Jesus Chri­stus konn­te damals, beim ein­fa­chen Volk, das er um sich hat­te, in einer hoch­ge­sto­che­nen Spra­che spre­chen? Er muss­te so reden, dass die­se ein­fa­chen Leu­te ihn ver­stan­den›», so Mei­er. Von ande­ren wie­der­um bekä­me er Lob, denn sie sei­en genau der gegen­tei­li­gen Mei­nung, näm­lich, dass die Kir­chen immer lee­rer wür­den, gera­de weil die Men­schen die sal­bungs­vol­le Spra­che nicht mehr ver­stün­den. «Es ist eine Grat­wan­de­rung,» resü­miert Mei­er. Einen Effekt aber, da ist sich Mei­er sicher, hat ein Bibel­text auf Basel­deutsch auf jeden Fall. Im Gegen­satz zu dem, wie die Lesen­den Bibel­tex­te gewohnt sind, hat die Über­set­zung einen ver­frem­den­den Effekt und sorgt somit dafür, dass sie genau hin­schau­en, hin­hö­ren und neu über die Wor­te nach­den­ken. Dass sei auch ihnen beim Über­set­zen so gegan­gen. «Wenn wir nicht der glei­chen Mei­nung waren, haben wir uns gegen­sei­tig zum Nach­den­ken gebracht. ‹So habe ich das noch gar nie ange­schaut.› Man fin­det so in Sät­zen, die man schon hun­dert­mal gele­sen hat – ich bin seit 70 Jah­ren mit der Bibel unter­wegs – wie­der einen neu­en Aspekt,» sagt Meier.

Authen­tisch und existenziell

Die Psal­men gehö­ren zu den belieb­te­sten Tex­ten in der Bibel und das, so Weber, mit gutem Grund. Sie sind etwa 2500 Jah­re alt und spie­len für zwei Welt­re­li­gio­nen – Juden­tum und Chri­sten­tum – eine wich­ti­ge Rol­le, wes­halb sie eine lan­ge Geschich­te haben. «Die Psal­men haben eine Bedeu­tung für die Men­schen. Bis heu­te. Sie sind authen­tisch und beschäf­ti­gen sich mit den exi­sten­zi­el­len Fra­gen des Mensch­seins. Die Lese­rin­nen und Leser fin­den sich in den Tex­ten wie­der,» erklärt Weber. In den Psal­men fin­den wir zum Teil Opfer­li­te­ra­tur, also die Tex­te von Men­schen, die bedrängt waren und lit­ten. Genau so fin­det sich aber auch Lob­preis. «Man steigt ganz hin­ab, in die Tie­fen, ins Elend und steigt dann hin­auf zu Lob und Dank,» führt Weber aus. Aus­ser­dem fin­den sich in den Tex­ten vie­le The­men, die auch heu­te noch brand­ak­tu­ell sind: Lügen, Ver­leum­dung, und «Shits­torms» (eine Lawi­ne an Schmä­hun­gen, Beschimp­fun­gen und Belei­di­gun­gen). Die Tex­te sind dia­lo­gi­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on von Mensch zu Gott, von Gott zu Mensch, aber auch von Mensch zu Mensch. Es fin­den sich unter den Pal­men Gebe­te und Gedichte.

Lää­se mit Aaläi­tig und Bezug zur Stadt

Damit die Lesen­den sich in den Tex­ten zurecht­fin­den, haben Mei­er und Weber den ein­zel­nen Psal­men­tex­ten eine Lese­hil­fe vor­an­ge­stellt, «e kur­zi Aaläi­tig zum Lää­se». Im Anhang fin­den sich wei­ter­füh­ren­de Hin­wei­se zu den Psal­men.
Nicht nur mit der Spra­che im Buch, auch äus­ser­lich wird der Bezug zur Stadt Basel her­ge­stellt. Das Lay­out ist ange­lehnt an das des Neu­en Testa­ments. Auch dies­mal ziert das Bas­ler Mün­ster das Cover – dies­mal nicht bei Nacht mit Ster­nen­him­mel (wie beim Neu­en Testa­ment), son­dern bei Tag. «Das Bas­ler Mün­ster zu sehen, berührt die Bas­le­rin­nen und Bas­ler und weckt ein Gefühl von Ver­bun­den­heit, auch wenn sie nie ins Mün­ster gehen,» sind sich die bei­den Über­set­zer mit einem Schmun­zeln einig.

Psalmen auf Baseldeutsch - Jürg Meier und Beat Weber

Jürg Mei­er (li.) liest eini­ge Psal­men auf Basel­deutsch vor. Neben ihm sein Über­set­zungs-Kol­le­ge Beat Weber. | © Bild: Leo­nie Wollensack

Psalmen auf Baseldeutsch
© Bild: Leo­nie Wollensack

🔊 Hören Sie hier, wie sich Psalm 23 auf Basel­deutsch anhört:

Mes­se­stand

Auch die­ses Jahr kön­nen die Bücher wie­der am Mes­se­stand der Bas­ler Bibel­ge­sell­schaft gekauft wer­den; für 12 Fran­ken das Stück. Aus­schliess­lich am Mes­se­stand gibt es bei­de Beb­­bi-Bibel­­aus­­ga­­ben (Neu­es Testa­ment + Psal­men) für 20 Franken.

Leonie Wollensack
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