Auf­bre­chen und Ankommen

Der Beginn eines neu­en Jah­res ist Anlass und Chan­ce, lang­ge­heg­te Träu­me zu ver­wirk­li­chen oder eine beson­de­re Her­aus­for­de­rung anzu­packen. Anni Ams­ler aus Schupf­art hat sich in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren Schritt für Schritt an ihr Ziel her­an­ge­ta­stet. Im Jahr 2016 wird sie ankommen.Immer wie­der hat­te Anni Ams­ler mit dem Gedan­ken gespielt, sich auf den Weg zu machen. Ab und zu hat­te sie in Gedan­ken schon den Ruck­sack gepackt und die Wan­der­schu­he geschnürt. Doch der Fami­li­en­all­tag mit sei­nen Freu­den und Ver­pflich­tun­gen stand stets im Vor­der­grund, so dass der gros­se Auf­bruch war­ten muss­te.Bar­fuss im Mee­res­rau­schen Im Herbst 2010 war es dann soweit. Mit 62 Jah­ren nahm Anni Ams­ler zum ersten Mal ein Stück des Jakobs­wegs unter ihre Füs­se. Ent­ge­gen anfäng­li­cher Beden­ken bekam sie auf dem Pil­ger­weg weder Rücken­schmer­zen noch Bla­sen, son­dern ganz ein­fach Lust auf mehr: «Mein Ruck­sack schien mir mit jedem Tag leich­ter, ich sel­ber mit jeder Etap­pe stär­ker zu wer­den.», erin­nert sich Anni Ams­ler. Seit­her war sie jedes Jahr auf dem Jakobs­weg. Vor zwei Jah­ren star­te­te sie mit einer Pil­ger­grup­pe um Bern­hard Lind­ner von Bil­dung und Prop­stei zum ersten von drei Teil­stücken des Küsten­we­ges von San Seba­stián nach Sant­ia­go. Der «Cami­no del Nor­te» oder «Cami­no de la Costa», wie die­ser Teil des Jakobs­we­ges auch genannt wird, beginnt in der Stadt Irun im Bas­ken­land und führt über 860 Kilo­me­ter nach Sant­ia­go de Com­po­ste­la. «Auf die­sem ersten Teil­stück wan­der­ten wir immer wie­der direkt am Strand, bar­fuss und beglei­tet vom Rau­schen des Atlan­tiks.», erzählt Anni Ams­ler. Im ver­gan­ge­nen Jahr nahm sie wie­der an der Pil­ger­rei­se von Bil­dung und Prop­stei teil und genoss auch das zwei­te Teil­stück in vol­len Zügen:«Jeder Tag war anders – und jeder Tag war gut.»Letz­te Etap­pe steht bevor Mit die­sen guten Erfah­run­gen im Gepäck will sie die­ses Jahr mit der glei­chen Grup­pe auch die letz­te Etap­pe des Küsten­we­ges von Soto del Bar­co bis Sant­ia­go unter die Füs­se neh­men. Bern­hard Lind­ner von der Fach­stel­le Bil­dung und Prop­stei, der die Rei­se als Pil­ger­lei­ter orga­ni­siert und lei­tet, weiss, war­um vie­le Teil­neh­mer aus den letz­ten zwei Jah­ren auch beim letz­ten Abschnitt dabei sein wer­den: «Es gibt einen Sog­ef­fekt, wenn du ange­fan­gen hast, willst du das Pro­jekt auch zu Ende brin­gen.»Zwei Paar Socken, Wan­der­schu­he und die Pfer­de­sal­be Anni Ams­ler emp­fin­det es als Berei­che­rung, in der Grup­pe zu pil­gern: «Es wäre nicht mein Ding, ganz allei­ne unter­wegs zu sein. Ich schät­ze die Gemein­schaft, die Gesprä­che, Gebe­te und Lie­der. Die­se gei­sti­ge Nah­rung gehört für mich zur Pil­ger­rei­se.» Aus ihren blau­en Augen blit­zen Vor­freu­de und Unter­neh­mungs­lust, wenn sie von den Aben­den in den Pil­ger­her­ber­gen berich­tet, den Pick­nicks unter frei­em Him­mel, der gross­ar­ti­gen Land­schaft und ihren Bewoh­nern. «Ich freue mich immer aufs Weg­ge­hen, aber dann auch wie­der aufs Heim­kom­men. Es ist nicht selbst­ver­ständ­lich, dass die Fami­lie einen gehen lässt und dafür bin ich dank­bar.» Den Kom­fort lässt die 68-Jäh­ri­ge ger­ne für zwei Wochen zu Hau­se. Zwei Paar Socken, Wan­der­schu­he, Flip­flops und ein paar Klei­der rei­chen ihr für die vier­zehn Tage. Nur zwei Din­ge packt Anni Ams­ler ein, die nicht auf der offi­zi­el­len Pack­li­ste ste­hen: «Einen Knirps für Regen­ta­ge und mei­ne Pfer­de­sal­be. Die ist zwar für Gelenk­schmer­zen bei Pfer­den gedacht, wirkt aber auch bei uns Men­schen wah­re Wun­der.», weiss die erfah­re­ne Pil­ge­rin und ver­rät schmun­zelnd, dass mitt­ler­wei­le auch eini­ge ihrer Mit­wan­de­rer die Vor­zü­ge die­ser Sal­be ent­deckt haben.Kei­nen ein­zi­gen Tag Zwei­fel Noch wir­kungs­vol­ler und heil­sa­mer als jede Sal­be sind aber Anni Ams­lers Lebens­freu­de und ihr Opti­mis­mus: «Ich hat­te noch kei­nen ein­zi­gen Tag Schmer­zen oder Zwei­fel. Ich freue mich auf die letz­te Etap­pe und las­se mich ger­ne lei­ten und über­ra­schen.» Neben dem Natur- und Gemein­schafts­er­leb­nis ist es aber auch und vor allem die Begeg­nung mit Gott, die beim Pil­gern im Vor­der­grund steht. Anni Ams­ler fin­det, dass Pil­gern einen durch­aus näher zu Gott brin­gen kann. Weil die übli­che Zer­streu­ung weg­fal­le, könn­ten sich Gedan­ken und Gefüh­le beim Gehen sam­meln, so habe sie es erfah­ren. Anni Ams­ler sagt zusam­men­fas­send: «Pil­gern ist wie Beten mit den Füs­sen.» Neben der hier beschrie­be­nen Rei­se auf dem Jakobs­weg vom 29. Sep­tem­ber bis 15. Okto­ber 2016 bie­tet die Fach­stel­le Bil­dung und Prop­stei fol­gen­de Pil­ger­an­ge­bo­te auf dem Jakobs­weg an:
  •  Pil­ger­rei­se Rich­tung Vezelay vom 4.–8. Juli 2016
  • Zwei Schnup­per­ta­ge auf dem Schwei­zer Jakobs­weg am 26. August sowie am  23. Sep­tem­ber 2016.
  • Pil­ger­rei­se im Herbst 2017 von Por­to nach Sant­ia­go, Datum noch nicht bekannt.
Hier fin­den Sie alle Ange­bo­te der Fach­stel­le Bil­dung und Prop­stei zum The­ma «Rei­sen und Pilgern».  
Marie-Christine Andres Schürch
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