Auf der Zielgeraden

Mit dem Auto ist man in zehn Minu­ten in jeder Pfar­rei des künf­ti­gen Pasto­ral­raums AG 6 am Rohr­dor­fer­berg. Die Pfar­rei­gren­zen auch men­tal zu über­schrei­ten, braucht etwas mehr Zeit und Geduld. Aber auch die­se letz­te Her­aus­for­de­rung wer­den die vier Pfar­rei­en meistern.Vor zwei­ein­halb Jah­ren kam Dia­kon Chri­stoph Cohen als Gemein­de­lei­ter in die Pfar­rei­en Bel­li­kon, Kün­ten, Stet­ten und Rohr­dorf. Nach einem Jahr des Ein­ar­bei­tens pack­te er die Auf­ga­be an, aus den Ein­zel­pfar­rei­en einen Pasto­ral­raum zu for­men. Zuerst ein­mal ver­schick­te Chri­stoph Cohen einen Brief an alle Gläu­bi­gen. Neben Infor­ma­tio­nen zur Pasto­ral­rau­mer­rich­tung im Auf­trag des Bischofs ent­hielt der Brief die Ein­la­dung zur akti­ven Mit­ar­beit. Der Gemein­de­lei­ter schlug von Anfang an einen demo­kra­ti­schen, syn­oda­len Weg ein. Idee war, aus jeder Pfar­rei eine Grup­pe mit sie­ben bis zwölf Mit­glie­dern zu fin­den, die als so genann­te «Spur­grup­pe» eine Ist-Ana­ly­se für ihre Pfar­rei erstel­len soll­te. Wel­che Ange­bo­te gibt es bei uns? Was funk­tio­niert? Was wol­len wir behal­ten, was los­las­sen? Je zwei Dele­gier­te aus jeder Spur­grup­pe form­ten sich zu einer «Kern­grup­pe», die zwi­schen August und Dezem­ber 2015 alle zwei Wochen zusam­men­fand. Die Kern­grup­pe erar­bei­te­te nach dem Grund­satz «sehen – urtei­len – han­deln» Ant­wor­ten auf die Fra­ge, wie die Zukunft des Pasto­ral­raums aus­se­hen soll­te. Der desi­gnier­te Pasto­ral­raum­lei­ter Chri­stoph Cohen und Andre­as Imhas­ly als Beglei­ter waren die ein­zi­gen Theo­lo­gen in der Run­de.

Errich­tung steht fest

Zur Zusam­men­kunft aller vier Spur­grup­pen kam am Sams­tag vor Pfing­sten ein gros­ser Teil der ins­ge­samt 34 Mit­glie­der zusam­men. Es war eines der letz­ten Arbeits­tref­fen vor der offi­zi­el­len Errich­tung des Pasto­ral­raums, die auf den 10. Sep­tem­ber 2016 ange­setzt ist. «Wir sind auf der Ziel­ge­ra­den», sag­te Chri­stoph Cohen zu sei­nen Pfar­rei­mit­glie­dern, die seit andert­halb Jah­ren mit ihm auf dem Weg sind.

Brei­te­re Palette

Eine davon ist Lucia Zehn­der. Die Kate­che­tin hat die Erfah­rung gemacht, dass man die Ange­bo­te der ande­ren Pfar­rei­en ken­nen­ler­nen muss, um sie schät­zen und nut­zen zu ler­nen. Ihre lei­sen Befürch­tun­gen, dass Rohr­dorf als gröss­te – und punk­to Ser­vice etwas «ver­wöhn­te» — Pfar­rei beson­ders viel her­ge­ben müs­se, hät­ten sich nicht bewahr­hei­tet, stellt sie fest. Auch Josef Sei­ler, ehe­ma­li­ger Kir­chen­pfle­ger, Mit­be­grün­der des Seel­sor­ge­ver­ban­des Bel­li­kon-Kün­ten-Stet­ten und Mit­glied der Kern­grup­pe erklärt: «Wir konn­ten von Anfang an mit­re­den, was wir ins Kon­zept auf­neh­men wol­len und wel­che Zie­le wir uns set­zen.» Ursy Krey­en­bühl, Kir­chen­pfle­ge­rin und viel­sei­tig enga­gier­te Kir­chen­frau, sieht die Vor­tei­le des Pasto­ral­raums auch dar­in, dass nicht mehr jede Pfar­rei jedes Ange­bot orga­ni­siert und damit die Palet­te an Anläs­sen ins­ge­samt brei­ter wird.

Glück mit dem Personal

Man­chen Men­schen mache es zur Zeit noch Mühe, dass die Seel­sor­ger nicht mehr nur für eine Pfar­rei zustän­dig, son­dern mobil sei­en, hat Josef Sei­ler fest­ge­stellt. Er ist sich jedoch sicher, dass sich auch die­se Beden­ken mit der Zeit auf­lö­sen. Über­haupt fin­den die drei Mit­glie­der der Spur­grup­pe nur loben­de Wor­te für das Seel­sor­ge­team: «Wir haben gros­ses Glück mit dem Per­so­nal, die Seel­sor­ger sind da und neh­men Anteil.», sagt Lucia Zehn­der. Ursy Krey­en­bühl pflich­tet ihr bei: «das Seel­sor­ge­team lässt uns die Frei­heit, selb­stän­dig etwas auf die Bei­ne zu stel­len.» Die drei sind sich einig, dass der lan­ge Weg, den die Spur­grup­pe zusam­men zurück­ge­legt hat, Mut gebe, Altes los­zu­las­sen. Weil sicht­bar wur­de, was Neu­es wach­sen kann, wenn man es zulässt.

Kein Lam­pen­fie­ber

«Ein gros­ser Vor­teil war», betont Chri­stoph Cohen, «dass ich von Anfang an für alle vier Pfar­rei­en ver­ant­wort­lich sein konn­te.» So ent­wickel­te sich unter sei­ner Füh­rung die Zusam­men­ar­beit der Pfar­rei­en orga­nisch. Und dadurch kommt auch kurz vor der Errich­tung des Pasto­ral­raums kein Lam­pen­fie­ber auf. «Inhalt­lich ken­nen wir schon alles, es konn­te sich bereits bewäh­ren.» Es ist aber allen am Pro­zess aktiv Betei­lig­ten klar, dass der Pasto­ral­raum auch nach sei­ner Errich­tung in Bewe­gung blei­ben wird – und muss. «Der Pasto­ral­raum ist eine Moment­auf­nah­me und muss immer wie­der über­prüft wer­den.», sagt Chri­stoph Cohen.

Gleich­be­rech­ti­gung

Seit sich Stet­ten und Kün­ten von Rohr­dorf «los­ge­stram­pelt» haben und eigen­stän­di­ge Pfar­rei­en wur­den, sind fast 130 Jah­re ver­gan­gen. Heu­te wer­den die Pfar­rei­en neu­er­lich zusam­men­ge­führt. Doch heu­te sei Gleich­be­rech­ti­gung ange­sagt, betont Chri­stoph Cohen. Von «Gleich­schal­tung» hält er nichts, von Viel­falt in der Ein­heit hin­ge­gen viel. Das zar­te Pflänz­chen Pasto­ral­raum muss lie­be­voll gepflegt wer­den, damit es den Leu­ten ans Herz wach­sen und Früch­te tra­gen kann. 
Marie-Christine Andres Schürch
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