Athe­istin Gül­sha Adil­ji schnup­pert Klosterluft

Athe­istin Gül­sha Adil­ji schnup­pert Klosterluft

Athe­istin Gül­sha Adil­ji schnup­pert Klosterluft

«Klei­ne Welt­wun­der»: Eine Kam­pa­gne für Schwei­zer Natur­pär­ke, ihre Ein­woh­ner und das loka­le Gewerbe

Was tut ein Ort der Stil­le, der Auf­merk­sam­keit braucht? Er lädt eine Berühmt­heit ein, die Ruhe sucht. Im Val Müst­a­ir hat Gül­sha Adil­ji ein paar Tage in der Stil­le des Klo­sters St. Johann ver­bracht, gebe­tet und Gesprä­che über das Fege­feu­er geführt.Die­se zwei Frau­en haben auf den ersten Blick nichts gemein­sam. Gül­sha Adil­ji ist bekannt als Mode­ra­to­rin, Künst­le­rin und Social-Media-Star. Ihr Leben spielt in Gross­städ­ten wie Zürich und Ber­lin. Neben ihr sitzt Dome­ni­ca Detho­mas. Sie ist Bene­dik­ti­ner­schwe­ster und hat einen Gross­teil ihres Lebens im Klo­ster St. Johann im abge­schie­de­nen Müst­a­ir ver­bracht. Bis vor Kur­zem war sie dort die Prio­rin.

Ein unkom­pli­zier­tes Miteinander

Drei Tage lang haben Adil­ji und Detho­mas gemein­sam in der Klo­ster­ge­mein­schaft gelebt, gebe­tet und medi­tiert. Bei­de Frau­en waren erstaunt, wie ein­fach und unkom­pli­ziert das Mit­ein­an­der auf Anhieb war, erzäh­len sie bei einem Abschluss­ge­spräch im Für­sten­zim­mer des Klo­sters.Adil­ji ist beken­nen­de Athe­istin, reli­gi­ons­kri­tisch, und als Klein­künst­le­rin nimmt sie in ihrem Büh­nen­pro­gramm kein Blatt vor den Mund. Zu Besuch im Klo­ster sei sie jedoch sehr vor­sich­tig gewe­sen. «Ich woll­te nicht in irgend­wel­che Fett­näpf­chen tre­ten», sagt sie. Dar­um habe sie sich sehr zurück­ge­hal­ten und stets dar­auf geach­tet, was die Bene­dik­ti­ne­rin­nen taten und sich dar­an ori­en­tiert.

Viel Schwei­gen, kei­ne Langeweile

Ein­ge­la­den wur­de Adil­ji im Rah­men der Kam­pa­gne «Klei­ne Welt­wun­der», wel­che Schwei­zer Natur­pär­ke, ihre Ein­woh­ner und das loka­le Gewer­be bekann­ter machen soll. Im Gegen­zug erhielt die umtrie­bi­ge Künst­le­rin drei Tage Ruhe vom Stress und Trei­ben der Gross­städ­te. Kein Lärm, kein Lei­stungs­druck und erst recht kei­ne sozia­len Medi­en. Nur Beten, Essen und sehr viel Schwei­gen.Drei Tage sind eine kur­ze Zeit. Adil­ji ist trotz inten­si­vem Beten von früh bis spät noch Athe­istin. Die Zeit mit den Schwe­stern hat­te den­noch ein paar Über­ra­schun­gen auf Lager: «Schwe­ster Dome­ni­ca hat eine ver­rück­te, rebel­li­sche Sei­te. Da ist sie mir ähn­lich», sagt sie, wäh­rend Detho­mas ver­schmitzt lächelt. Aus­ser­dem sei das Beten gar nicht so lang­wei­lig wie erwar­tet.Als gebür­ti­ge Mus­li­min hat Adil­ji wenig Erfah­rung mit christ­li­chen Got­tes­dien­sten. Die­se beschränk­ten sich bis­her haupt­säch­lich auf Hoch­zeits­fei­ern. «Man­che gin­gen sehr lan­ge und waren zum Plat­zen lang­weilig», lacht sie. Das Beten im Klo­ster habe sie jedoch nie als lang­wei­lig emp­fun­den. Es sei ent­span­nend gewe­sen und die Tex­te hät­ten sie fas­zi­niert. Sie habe viel gelernt – vor allem über Leid und Sün­de. Dar­über sei viel gespro­chen wor­den.

Fazit: gute Klosterfrau

Dank Detho­mas hat sich Adil­ji schnell wohl gefühlt. Sie habe ehr­lich auf Fra­gen geant­wor­tet, ohne Tabus und «Wohl­fühl-Geschwur­bel». Ihre Herz­lich­keit habe sogar Gesprä­chen über das Fege­feu­er ihren Schrecken genom­men. Die Schwe­ster habe ihr erklärt, dass sie ins Fege­feu­er kom­men wer­de. Aller­dings müss­ten da alle Men­schen durch – selbst Ordens­schwe­stern. Da tan­ze man ein­fach hin­ein.Dome­ni­ca Detho­mas fin­det ihrer­seits für Gül­sha Adil­ji auch nur loben­de Wor­te. Sie habe sich das Pri­vi­leg ver­dient, einen Ein­blick in den sonst ver­bor­ge­nen All­tag der Ordens­schwe­stern zu gewin­nen. «Sie war uns gegen­über offen, fröh­lich und beim Gebet im Chor strahl­te sie eine gros­se Ruhe aus», erzählt Detho­mas. «An Gül­sha ist eine Klo­ster­frau ver­lo­ren gegan­gen. Mit etwas mehr Zeit hät­ten wir sie schon bekehrt», grinst die Schwe­ster. Adil­ji grinst zurück.

«Das soll­te Kul­tur­gut werden»

Ob Adil­ji je gläu­big wird, steht in den Ster­nen. Dome­ni­ca Detho­mas ahnt zumin­dest: «Ich glau­be, Gül­sha Adil­ji kommt wie­der.» – «Auf jeden Fall», bestä­tigt Adil­ji umge­hend. Sie mag das Val Müst­a­ir und habe die Ent­schleu­ni­gung genos­sen. Aus­ser­dem habe sie das Schwei­gen beim Essen über­zeugt: «Das soll­te Kul­tur­gut wer­den.»Patri­cia Dick­son, kath.ch
Redaktion Lichtblick
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