Am Anfang war das lee­re Grab

Es ist das Kind von Georg Roess­ler und Chri­sti­an Rutis­hau­ser. Der Deut­sche Georg Roess­ler führt eine auf alter­na­ti­ve Isra­el­rei­sen spe­zia­li­sier­te Agen­tur in Jeru­sa­lem – und sucht seit Jah­ren, Pil­gern das Hei­li­ge Land auf ande­re Wei­se nahe­zu­brin­gen. Der Schwei­zer Jesu­it Chri­sti­an Rutis­hau­ser hegt seit lan­gem eine inni­ge Ver­bin­dung zum Land der Bibel – und hat sich 2011 zu Fuss auf den Weg nach Jeru­sa­lem gemacht. «Zu Fuss nach Jeru­sa­lem» heisst das gemein­sa­me Pro­jekt, das die alte Tra­di­ti­on des Fuss­pil­gerns ins Hei­li­ge Land im gros­sen Stil wie­der­be­le­ben will. 

Nichts weni­ger als eine «Trend­wen­de auf dem Pil­ger­markt» wol­len Chri­sti­an Rutis­hau­ser und Georg Roess­ler los­tre­ten – und stos­sen mit ihren Ideen auf offe­ne Ohren: Isra­els Tou­ris­mus­mi­ni­ste­ri­um, aber auch Orga­ni­sa­tio­nen wie das Ber­li­ner Mis­si­ons­werk haben die bei­den Visio­nä­re schon ins Boot geholt. Mit drei Kon­fe­ren­zen in Wien, Ber­lin und Zürich soll das «ande­re Pil­gern zum ‘Lee­ren Grab’» im Herbst der Öffent­lich­keit vor­ge­stellt werden.

Pil­ger­weg mit viel län­ge­rer Tra­di­ti­on
«Alles, was wir zu bie­ten haben, gibt es irgend­wo bes­ser oder schö­ner – nur ist die Bedeu­tung hier ein­zig­ar­tig», stellt Georg Roess­ler fest. Er bezeich­net sein Pro­jekt scherz­haft gern selbst als «mega­lo­man» bezeich­net und kennt die mög­li­chen Kri­tik­punk­te: Noch ein Pil­ger­ziel, wo der Jakobs­weg doch so gut läuft? Und wenn schon Jeru­sa­lem, war­um dann zu Fuss? Vie­les, sagt Georg Roess­ler, habe das Fuss­pil­gern nach Jeru­sa­lem mit dem boo­men­den Jakobs­weg und ande­ren Pil­ger­we­gen in Euro­pa gemein­sam, nur habe «die­ser Weg eine viel län­ge­re Tra­di­ti­on» und ist «die­ses Pil­ger­ziel allen ande­ren über­ge­ord­net». Einst, als Jeru­sa­lem auf­grund der geo­po­li­ti­schen Lage in uner­reich­ba­re Fer­ne gerückt war, sind Pil­ger­zie­le wie Sant­ia­go de Com­po­ste­la zu einem Ersatz gewor­den. Spä­ter dann, in Zei­ten all­ge­mei­ner Sinn- und Wur­zel­su­che, zu einem Trend­ziel. «Zu Fuss nach Jeru­sa­lem», hofft Georg Roess­ler, soll die Mut­ter aller Pil­ger­zie­le zum neu­en Sant­ia­go wer­den las­sen. Aller­dings ist ein «Ich bin dann mal weg» à la Hape Ker­ke­ling in der heu­ti­gen Lebens­welt nur für die wenig­sten eine Opti­on. «Damit ste­hen wir vor der Her­aus­for­de­rung, ein hoch­gra­dig spi­ri­tu­el­les Erleb­nis in begrenz­tem Zeit­rah­men ent­ste­hen zu las­sen. Und ohne Kom­pro­mis­se beim Ser­vice, das heisst, wir brau­chen auch die ent­spre­chen­de Infra­struk­tur», erläu­tert Georg Roess­ler . Vie­les spricht für Sant­ia­go. Die poli­ti­sche Lage ist ruhig, es ist von Euro­pa aus schnell erreich­bar, was die Kosten in Gren­zen hält, kul­tu­rell ist die Regi­on ver­trau­ter. Neben Kul­tur­chri­sten auf der Suche nach ihren Wur­zeln sind Jakobs­pil­ger dar­um eine der Ziel­grup­pen von Georg Roess­ler: «Wer den Jakobs­weg gelau­fen ist, hat so kost­ba­re Erfah­run­gen gemacht, dass es nach Fort­set­zung schreit – war­um nicht auf dem ulti­ma­ti­ven Weg nach Jerusalem?»

Mit dem «Mann von Naza­reth» gehen
Der «Mer­ce­des des Pil­gerns» hat sei­ne urei­ge­nen Spe­zi­fi­ka, die den Weg durchs Hei­li­ge Land von allen ande­ren unter­schei­den. «Unser Gott ist in einen kon­kre­ten histo­ri­schen Kon­text in die­se kon­kre­te Land­schaft, ihre Geschich­te und ihre Orte hin­ein Mensch gewor­den. Wenn wir Gott ernst­neh­men wol­len, müs­sen wir die­sen Kon­text ernst neh­men», erklärt Georg Roess­ler. «Das Land und sei­ne Zusam­men­hän­ge sind die Folie, über die wir die Bot­schaft nur wirk­lich ver­ste­hen kön­nen» – Wan­dern zum bes­se­ren Ver­ständ­nis des Glau­bens. Hier liegt für Georg Roess­ler ein wei­te­rer wich­ti­ger Unter­schied: Der Weg ist das Ziel wie das Ziel selbst – nur ist der Weg hin zum «spek­ta­ku­lä­ren Ziel der Ver­eh­rung» bei allen ande­ren Wegen «im Prin­zip belie­big». Mit dem «Mann von Naza­reth» zu gehen und dabei per­ma­nent mit den The­men des Glau­bens kon­fron­tiert zu sein, ist «ein ein­ma­li­ges Ange­bot» des Hei­li­gen Lan­des. «Der Jakobs­weg stif­tet aus sich her­aus kei­ne Anläs­se, es liegt an Dir, was Du dar­aus machst. Anders hier: Der Weg durch die Land­schaf­ten der Bibel stif­tet durch­gän­gig Anläs­se, denen Du Dich allen­falls per­sön­lich ver­wei­gern kannst!» Dass man dabei «lau­fend» sei­ne Soli­da­ri­tät mit den älte­sten Glau­bens­brü­dern – den Chri­sten an der Wie­ge der Chri­sten­heit – zum Aus­druck brin­gen kann, ist ein posi­ti­ver Neben­ef­fekt. Und schliess­lich, sagt Georg Roess­ler, ist Jeru­sa­lem das ein­zi­ge auch für Pro­te­stan­ten gül­ti­ge Pil­ger­ziel und damit die «gemein­sa­me Mit­te der Kon­fes­sio­nen». Am Anfang war das lee­re Grab. Alle Theo­lo­gie und kon­fes­sio­nel­len Dif­fe­ren­zen kamen spä­ter.    Andrea Krogmann/aj

Redaktion Lichtblick
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