«Alte Messe» wird im Aargau regelmässig gefeiert
- An mehreren Orten im Aargau finden regelmässig vorkonziliare Messfeiern statt.
- Mitte Juli hat Papst Franziskus die Feier der Messe nach dem «Alten Ritus» strengeren Auflagen unterworfen. Der Bischof muss nun in jedem Fall die Erlaubnis dafür erteilen.
- Im September trifft sich Bischof Felix Gmür mit denjenigen, die im Bistum Basel die «Alte Messe» noch regelmässig feiern, zum klärenden Gespräch.
Im Jahr 2007 hatte Papst Benedikt XVI. den Gebrauch der vorkonziliaren liturgischen Messbücher fast vollständig wieder zugelassen. Vierzehn Jahre später, im Juli diesen Jahres, regelte Papst Franziskus die Feier der Messe nach dem alten Ritus neu. Nach dem von ihm veröffentlichten Motu Proprio «Traditionis Custodes» («Wächter der Tradition») kommt den Diözesanbischöfen eine zentrale Rolle zu. Dem Bischof obliegt die Verantwortung, die Feier nach altem Ritus in seinem Bistum zu regeln. Die «alte Messe» ist nicht abgeschafft, aber nur noch unter strikten Auflagen erlaubt. Der Bischof bestimmt Orte, Zeiten und Priester. Zudem müssen die Lesungen in der üblicherweise auf Latein gefeierten Messe in der jeweiligen Landessprache vorgetragen werden. Und: In den Pfarrkirchen dürfen Gottesdienste im so genannten tridentinischen Ritus nicht mehr stattfinden.
Auf eine Anfrage des Berner Pfarrblatts hatte der Medienverantwortliche des Bistums Basel, Hansruedi Huber, im Juli geantwortet, man sei im Bistum «der Zeit etwas voraus» gewesen und habe die Praxis der «Alten Messe», wie vom Papst jetzt gefordert, auf einen Ort je Kanton konzentriert. Das habe sich gut bewährt.
«An einem Ort pro Kanton – in der Regel»
Eine Horizonte-Recherche ergab jedoch, dass im Aargau die Alte Messe an mehreren Orten regelmässig gefeiert wird. Das Online-Verzeichnis «pro-missa-tridentina.org», das von der Laienvereinigung für den klassischen römischen Ritus in der Katholischen Kirche bewirtschaftet wird, listet fünf Orte auf: Baden, Ennetbaden, Etzgen, Bremgarten und Oberrüti.
Dazu meint der Medienverantwortliche des Bistums, Hansruedi Huber: «Obschon der alte Ritus bisher nicht verboten war, hat das Bistum bereits in der Vergangenheit eine Konzentration auf in der Regel einen Ort pro Kanton angestrebt. Natürlich gibt es Orte, die uns nicht bekannt sind, weil sie uns nicht gemeldet wurden.»
Feier der «Alten Messe» in der Hand der Petrusbruderschaft
Im Aargau werden die Messen nach altem Ritus vor allem von Priestern der Petrusbruderschaft zelebriert. Seit 1988 existiert die Bruderschaft als Gesellschaft apostolischen Lebens päpstlichen Rechts. Weltweit gehören ihr etwa 290 Priester und Diakone an, die in verschiedenen Ländern tätig sind.
Auf der Internetseite petrusbruderschaft.de steht: Die Priesterbruderschaft St. Petrus will sich in besonderer Weise jener Gläubigen annehmen, die ihre geistliche Heimat in der überlieferten Liturgie (ausserordentlicher römischer Ritus) gefunden haben, die darin den adäquaten Ausdruck ihres Glaubens sehen und eine Seelsorge erwarten, die sie den Geist dieses Glaubens atmen lässt. Die Feier der Liturgie der hl. Messe […] im ausserordentlichen römischen Ritus ist für unsere Gemeinschaft ein wichtiges Mittel der Neuevangelisierung, zu der die Päpste in der letzten Zeit immer wieder aufgerufen haben.»
Neuregelung kontrovers diskutiert
Franziskus’ Beschränkung der «Alten Messe» stärke zu Recht die Verantwortung der Bischöfe, findet der Freiburger Liturgiewissenschaftler Martin Klöckener. Freiburgs Dogmatiker Helmut Hoping widersprach in einem Artikel auf katholisch.de und sagte, der Ritus hänge jetzt gefährlich im Leeren.
Mit seiner Neuregelung setze Franziskus, so Klöckener, bei der Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) an, worin die Bischöfe als «sichtbares Prinzip und Fundament der Einheit in ihren Teilkirchen» bezeichnet werden. Der Freiburger Professor für Dogmatik und Liturgiewissenschaft, Helmut Hoping, kritisierte diese Entscheidung des Papstes jedoch in einem Interview mit dem Kölner Domradio. Papst Franziskus habe den älteren Messritus «ins Museum verbannt.» Dieser Schritt sei deshalb problematisch, weil er Gemeinschaften wie der Petrusbruderschaft attestiere, «dass sie eine Liturgie feiern, die keinem Ritus zugehört, sich also im rituellen Nirgendwo befindet.» Er befürchtet, «dass diejenigen Bischöfe in Deutschland, die immer schon gegen die Rückkehr der alten Messe waren, schrittweise versuchen werden, sie soweit wie möglich zurückzudrängen» und Gläubige zum Teil zur schismatischen Piusbruderschaft abwandern würden. Nachdem die Bischöfe in ihrem Wächteramt über die traditionelle Liturgie bestärkt wurden, dürfe man gespannt sein, ob sie künftig auch Priester disziplinieren würden, die von der erneuerten Liturgie abweichen.
Von den deutschsprachigen Bischöfen meldete sich bisher der Churer Bischof Joseph Bonnemain zu Wort, der Franziskus’ Entscheidung begrüsste. Auf Anfrage von kath.ch zeigte er sich am Freitag dankbar für die Klärung des Papstes, schliesslich gehe es bei der Frage «nicht primär um Formen, sondern um Gesinnung.» Gleichzeitig betonte Bonnemain, er werde für Gläubige, die die Messe in der vorkonziliaren Form bevorzugten, «im Einklang mit den neuen Bestimmungen des Papstes weiterhin geeignete Möglichkeiten vorsehen.»
Tägliche Messfeiern und eigener Religionsunterricht
Pater Nikolaus-Maria Gorges gehört der Petrusbruderschaft an. Er wohnt im aargauischen Oberrüti und feiert in der Kirche St. Mauritius im benachbarten zugerischen Niederwil täglich Messen nach dem alten Ritus. «Wir haben die Nachricht vom Bistum erhalten, dass sich im Augenblick nichts ändert und wir uns im September zu Gesprächen treffen.»
Pater Gorges legt Wert darauf, zu betonen, dass das Verhältnis zwischen ihm und der Kirchgemeinde sehr gut sei. In die Gottesdienste nach altem Ritus kämen manchmal bis zu 40 Gläubige. Darunter seien viele Familien mit Kindern. Pater Gorges erteilt auch Religionsunterricht, der ebenfalls gut besucht sei. «Die Säkularisierung ist weit fortgeschritten, teilweise findet der Religionsunterricht für katholische und reformierte Kinder gemeinsam statt. So ist Unterricht mit katholischem Profil unmöglich.» Eine Konkurrenz zu den Angeboten der Kirchgemeinde bestehe aber nicht, «wir leben seit 1988 in Einheit und Frieden.»
«Neuregelung ist folgerichtig und notwendig»
Das Bistum Basel verweist auf die ausstehenden Gespräche, die solche Verhältnisse klären sollen. Hansruedi Huber erklärt: «Mehr zu diesem Thema kann ich erst sagen, wenn die Gespräche mit den Verantwortlichen stattgefunden haben.»
Nach Ansicht des Fribourger Liturgiewissenschaftlers Martin Klöckener hat Papst Franziskus mit der Einschränkung der «Alten Messe» einen problematischen Eingriff seines Vorgängers korrigiert. Papst Benedikt XVI. habe durch die grosszügige Erlaubnis der vorkonziliaren Liturgie den Bischöfen die Zuständigkeit in einem zentralen Punkt entzogen, schrieb Martin Klöckener in einem Artikel für das katholische Medienzentrum kath.ch. Die Neuregelung von Papst Franziskus sei folgerichtig und notwendig und schlage «ein neues Kapitel der Liturgiegeschichte» auf.