Aene­as-Sil­vi­us-Vor­le­sung 2017/2018 zu Wis­sen und Wahrheit

Aene­as-Sil­vi­us-Vor­le­sung 2017/2018 zu Wis­sen und Wahrheit

Im Nah­ost­kon­flikt gibt es vie­le Wahrheiten

Aene­as-Sil­vi­us-Vor­le­sung 2017/2018 zu Wis­sen und Wahrheit

Gibt es Wahr­heit im Nah­ost­kon­flikt? Ein Vor­trag zu die­sem eben­so aktu­el­len wie bri­san­ten The­ma von Erik Petry, stell­ver­tre­ten­der Lei­ter des Zen­trums für Jüdi­sche Stu­di­en der Uni­ver­si­tät Basel, been­de­te die Ring­vor­le­sung der Aeneas-Silvius-Stiftung.Den Nah­ost­kon­flikt kann man auch so umschrei­ben, wie es Erik Petry ein­lei­tend tut: «Eine hoch­emo­tio­na­le Situa­ti­on, bei der eigent­lich alle immer alles ganz genau wis­sen.» Doch was die einen wis­sen, ist nicht das glei­che, was die ande­ren eben­falls zu wis­sen bean­spru­chen. Die Wahr­heit sieht je nach Optik ganz unter­schied­lich aus.Um die heu­ti­gen Kon­flikt­li­ni­en ver­ständ­lich zu machen, blen­det Petry zurück in die ent­schei­den­de Pha­se zwi­schen 1945 und 1949. 1945 steht Palä­sti­na seit 25 Jah­ren unter bri­ti­scher Hoheit, seit 1922 offi­zi­ell als Man­dats­ge­biet. Im Febru­ar 1947 kün­digt Gross­bri­tan­ni­en an, das Man­dat zurück­ge­ben zu wol­len. Die im Okto­ber 1945 gegrün­de­te UNO über­gibt die Sache einer Kom­mis­si­on, die­se schlägt vor, Palä­sti­na in einen Staat der Juden und einen Staat der Ara­ber auf­zu­tei­len. Mit 33 Ja gegen 13 Nein für den Tei­lungs­plan kommt bei der Abstim­mung im Novem­ber 1947 die nöti­ge Zwei­drit­tel­mehr­heit zustan­de. Den Plan abge­lehnt haben ins­be­son­de­re ara­bi­sche Län­der.Einen Tag vor Ablauf des Man­dats, am 14. Mai 1948, prescht Ben Guri­on vor und erklär­te die Unab­hän­gig­keit des Staa­tes Isra­el. Weni­ge Stun­den spä­ter beginnt mit einem Angriff der ara­bi­schen Sei­te der erste einer Rei­he von Krie­gen. 1949 schliesst ein Waf­fen­still­stand den Unab­hän­gig­keits­krieg ab. Das Waf­fen­still­stands­ab­kom­men beinhal­tet auch von Isra­el annek­tier­te Gebie­te, die über das im UNO-Tei­lungs­plan zuge­spro­che­ne Ter­ri­to­ri­um hin­aus­ge­hen. 1967 besetzt Isra­el wei­te­re Gebie­te, die aus­ser­halb die­ser Waf­fen­still­stands­li­ni­en lie­gen.Aus Sicht der im März 1945 gegrün­de­ten Ara­bi­schen Liga sei es völ­lig klar gewe­sen, dass mit der Aus­ru­fung eines israe­li­schen Staa­tes ein gros­ses Unrecht pas­siert sei, erläu­tert Petry die ara­bi­sche Posi­ti­on. «Sie sind über­zeugt, dass sie hier betro­gen wer­den.» Auf jüdi­scher Sei­te in und aus­ser­halb Palä­sti­nas wie­der­um habe kei­ne völ­li­ge Einig­keit bestan­den.Die Sicht­wei­sen ande­rer Staa­ten und der UNO rich­ten sich auch nach den Zie­len, die sie ver­folg­ten. So habe die UNO in der kla­ren Tren­nung eine Lösung des Kon­flikts zwi­schen den bei­den Bevöl­ke­rungs­grup­pen gese­hen. Schliess­lich lief es schon bei Indi­en und Paki­stan so. Und Gross­bri­tan­ni­en? Die Bri­ten hät­ten, wie gewohnt, auch im Fall Palä­sti­na für sich geschaut. Aus heu­ti­ger Sicht sei es mög­li­cher­wei­se ein Feh­ler gewe­sen, dass die Ara­bi­sche Liga nicht sofort eben­falls einen ara­bi­schen Staat aus­ge­ru­fen habe. Dies habe zu einem Ungleich­ge­wicht in der Dis­kus­si­on geführt.Die ver­schie­de­nen Wahr­hei­ten sei­en nicht als Aus­wahl­sen­dung zu ver­ste­hen. «Es erspart uns nicht, genau auf die ein­zel­ne Situa­ti­on zu schau­en», sagt Petry. Auf Fak­ten zu checken sind nicht nur Aus­sa­gen, son­dern auch Bil­der.Regu­la Vogt-Kohler
Redaktion Lichtblick
mehr zum Autor
nach
soben