Aargauer Landeskirchen verantworten Spitalseelsorge neu gemeinsam
- Heute Montag, den 9. Dezember, unterzeichnen die Präsidien der Römisch-Katholischen Kirche und der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Aargau zusammen mit Bischofsvikar Christoph Sterkman den Zusammenarbeitsvertrag «über die ökumenisch verantwortete Seelsorge in Institutionen des Gesundheitswesens im Kanton Aargau».
- Die Verantwortlichen sprechen von einem historischen und schweizweit einzigartigen Schritt in der ökumenischen Zusammenarbeit. Im Interview mit Horizonte erklärt Hans Niggeli, Leiter Spitalseelsorge bei der Römisch-Katholischen Landeskirche Aargau, worum es genau geht.
Herr Niggeli, was wird heute in Aarau genau unterzeichnet?
Hans Niggeli: Die Seelsorge in den Aargauer Spitälern und Pflege-Institutionen erhält eine gemeinsame strategische und operative Leitung der beiden Landeskirchen, eine gemeinsame Regelung der Finanzen und der Anstellungen sowie einen gemeinsamen Auftritt und eine gemeinsame Kommunikation gegenüber den Mitarbeitenden, den Institutionen und der Öffentlichkeit. Alle Seelsorgenden wirken neu im Namen und Auftrag beider Konfessionen.
Und was ist daran nun historisch und einzigartig?
Dass ein dermassen umfangreicher Bereich einer zentralen Aufgabe der Seelsorge gemeinsam geregelt und bis hin zur operativen und strategischen Leitung gemeinsam wahrgenommen wird, ist einzigartig und unseres Wissens sonst nirgends auch nur annähernd verwirklicht.
Und von welchem Umfang an Stellenprozenten und Mitarbeitenden sprechen wir da?
Kirchliche Seelsorge wird heute an 25 kantonalen oder überregionalen Institutionen im Kanton Aargau angeboten. Die Landeskirchen finanzieren 30 Seelsorgende mit aktuell 1’800 Stellenprozenten. Die Kosten belaufen sich auf ungefähr drei Millionen Franken.
Wie wird sich diese Vereinbarung konkret auswirken?
Man wird es vor allem in den kleinen Regionalspitälern und Pflege-Institutionen merken, wo noch heute der katholische Seelsorger jeweils nur die Angaben über die katholischen Patienten bekommt, genauso wie der reformierte Seelsorger nur Informationen über die seiner Konfession zugehörigen Patienten erhält. Das wird künftig nicht mehr so sein.
Und darüber hinaus?
Auch bei der Neubesetzung von Stellen können wir nun gemeinsam den Realitäten Rechnung tragen. Wenn beispielsweise an einem Ort die Mehrheit der Bevölkerung reformiert ist, macht es Sinn, dort eine reformierte Seelsorgeperson anzustellen, die auch für die Katholiken Ansprechperson ist.
Aber besteht nicht die Gefahr, dass aufgrund des Zusammenschlusses die Grenzen zwischen den Konfessionen verwischt werden?
Mit dieser Angst haben wir uns auch intensiv auseinandergesetzt. Für gewisse Seelsorgende ist es beispielsweise undenkbar, einen Adventskranz zu segnen. Oder dann die unterschiedlichen Auffassungen beim Thema «Begleiteter Suizid». Da geht es nicht nur um Konfessionen, da wird es ganz persönlich.
Wie geht man mit diesen Herausforderungen um?
Wir kreieren ja nicht eine neue Konfession, sondern konzentrieren uns in der gemeinsamen Weiterbildung und Sensibilisierungsarbeit darauf, dass wir uns unserer Eigenheiten bewusst werden und merken, was uns jeweils wichtig ist. Zusammengefasst heisst das: Es geht darum, die konfessionellen Besonderheiten zu respektieren, angemessen mit ihnen umzugehen und ihnen Raum zu geben. Wir haben unsere eigenen Prägungen, aber ein gemeinsames Ziel.
Und wie profitieren die Patientinnen und Patienten?
In den Kantonalen Einrichtungen ändert sich für die Patienten grundsätzlich nichts. Durch Vermeiden von Doppelspurigkeiten bleibt mehr Zeit für das Arbeitsfeld der seelsorgerlichen Begleitung.
Konkret heisst das?
Wenn die Ressourcen beider Landeskirchen zusammen eingesetzt werden, können mehr Menschen erreicht werden. Seelsorge kann zudem auch besser in Institutionen integriert werden, und damit verbessert sich der seelsorgliche Zugang zu den dort lebenden Menschen.
Erhofft man sich dadurch auch eine Stärkung des kirchlichen Ansehens im Gesundheitswesen?
Ja, mit Sicherheit.
Und wie kann das erreicht werden?
Die Vereinbarung selber stärkt natürlich nicht auf Dauer die Wahrnehmung unseres Engagements. Aber das, was daraus erwächst und entsteht. Und kurzfristig wird das Engagement der Kirchen in diesem sensiblen Bereich bestimmt wahrgenommen.