AarÂau: InneÂhalÂten, lauÂschen, schauÂen und erleben
- Von DonÂnersÂtag bis SamsÂtag orgaÂniÂsierÂte die Römisch-KathoÂliÂsche LanÂdesÂkirÂche AarÂgau mit dem PastoÂralÂraum RegiÂon AarÂau einen ErlebÂnisÂparÂcours der andeÂren Art.
- Ziel der verÂschieÂdeÂnen AktioÂnen war es, spiÂriÂtuÂelÂle AngeÂboÂte besonÂders MenÂschen zugängÂlich zu machen, die sich von den KirÂchen entÂfremÂdet haben.
- ProÂjektÂleiÂteÂrin SusanÂne Andrea BirÂke zieht ein erstes posiÂtiÂves Fazit. In zwei JahÂren soll der Anlass erneut durchÂgeÂführt werden.
WähÂrend der verÂganÂgeÂnen drei Tage stand AarÂau ganz im ZeiÂchen der AchtÂsamÂkeit. Ganz dem MotÂto entÂspreÂchend nicht schrill, sonÂdern leiÂse. Das WetÂter meinÂte es leiÂder nicht allÂzu gut mit den VerÂanÂstalÂtern. Wegen immer wieÂder einÂsetÂzenÂder NieÂderÂschläÂge blieÂben die BesuÂcherÂzahÂlen bei den unter freiÂem HimÂmel vorÂbeÂreiÂteÂten InstalÂlaÂtioÂnen unter den ErwarÂtunÂgen.
AchtÂsamÂkeit: ReliÂgioÂsiÂtät der Seele
Was darf man eigentÂlich unter AchtÂsamÂkeit verÂsteÂhen? DarÂüber disÂkuÂtierÂten gleich am ersten Abend in der StadtÂbiÂblioÂthek der PsyÂcho-OnkoÂloÂge ChriÂstoph FrutÂtiÂger vom KanÂtonsÂspiÂtal AarÂau, der oberÂste JesuÂit in der Schweiz, ChriÂstiÂan RutisÂhauÂser, der Islam-ReforÂmer Kerem AdiÂgüÂzel und die PerÂcusÂsioÂniÂstin DidiÂne StaufÂfer.AchtÂsamÂkeit sei das «Gewahr werÂden» der UmgeÂbung, ein «nichtÂwerÂtenÂdes BeobÂachÂten», defiÂnierÂte es Kerem AdiÂgüÂzel. Im Koran komÂme der Begriff AchtÂsamÂkeit 258 Mal vor – in unterÂschiedÂliÂchen ForÂmen.«AchtÂsamÂkeit ist die natürÂliÂche ReliÂgioÂsiÂtät der SeeÂle», brachÂte es JesuiÂtenÂproÂvinÂziÂal ChriÂstiÂan RutisÂhauÂser in AnlehÂnung an HerÂmann HesÂse auf den Punkt. Für die MusiÂkeÂrin DidiÂne StaufÂfer werÂde AchtÂsamÂkeit vor allem spürÂbar, wenn sie mit andeÂren improÂviÂsieÂre.
AchtÂsamÂkeit: Unerreichbar
AchtÂsamÂkeit sei im GrunÂde ein so hohes Ziel, das man gar nicht erreiÂchen könÂne, umschrieb es ChriÂstoph FrutÂtiÂger. Das wieÂderÂum sei entÂspanÂnend, weil man so immer wieÂder getrost von NeuÂem beginÂnen könÂne. Für jene aber, die in die AchtÂsamÂkeit gezwunÂgen würÂden, sei es schwer, ergänzÂte der PsyÂcho-OnkoÂloÂge in AnlehÂnung an ErfahÂrunÂgen aus dem BerufsÂallÂtag mit KrebsÂpaÂtiÂenÂten.«AchtÂsamÂkeit ist nicht einÂfach da, sonÂdern eine HalÂtung, die ich einÂüben muss», meinÂte ChriÂstiÂan RutisÂhauÂser. Und AchtÂsamÂkeit könÂne dazu fühÂren, dass einem plötzÂlich DinÂge in einem andeÂren Licht erscheiÂnen, ergänzÂte Kerem AdiÂgüÂzel: «Dass FrauÂen in einer Moschee als MenÂschen zweiÂter KlasÂse behanÂdelt werÂden, ist mir zunächst gar nicht bewusst geweÂsen«.
AchtÂsamÂkeit: Ein Modewort
Die PodiÂumsÂteilÂnehÂmenÂden kamen überÂein, dass es angeÂsichts der aktuÂelÂlen ReizÂüberÂfluÂtung besonÂders schwieÂrig sei, achtÂsam zu sein. Mehr noch: AchtÂsamÂkeit sei bereits als ModeÂwort verÂeinÂnahmt worÂden. «WomögÂlich leben wir alle in einem BlindÂheitsÂzuÂstand. Und weil es uns allen gleich geht, glauÂben wir, wir seiÂen sehend», beschrieb ChriÂstiÂan RutisÂhauÂser die aktuÂelÂle gesellÂschaftÂliÂche BefindÂlichÂkeit.In der Tat bedurfÂte es durchÂaus einiÂger AufÂmerkÂsamÂkeit, um die verÂschieÂdeÂnen AngeÂboÂte zu den AktiÂonsÂtaÂgen in AarÂaus InnenÂstadt zu entÂdecken. BeiÂspielsÂweiÂse jene PerÂsoÂnen in der BahnÂhofsÂunÂterÂfühÂrung, die in schwarÂzen Jacken mit der AufÂschrift «Gute ReiÂse-gute HeimÂkehr» einÂfach nur dastanÂden und den vorÂbeiÂeiÂlenÂden MenÂschen eben solÂche WünÂsche mit auf den Weg gaben.
AchtÂsamÂkeit: Sich auf eine UnterÂbreÂchung einlassen
Oder dann die am BahnÂhofsÂplatz am Boden aufÂgeÂklebÂten WortÂinÂseln: «GlücksÂgeÂfühÂle» oder «einÂfach Leben» stand auf den grosÂsen KleÂbern am Boden. «Die LeuÂte sind meist mit dem HanÂdy beschäfÂtigt und gehen so in RichÂtung BahnÂhofsÂeinÂgang. EiniÂge bleiÂben dann unverÂmitÂtelt vor einem der grosÂsen KleÂber steÂhen», beschrieb Peter MichÂalik von der FachÂstelÂle BilÂdung und PropÂstei die ReakÂtioÂnen der PasÂsanÂten. Und wer sich schon einÂmal auf eine UnterÂbreÂchung einÂgeÂlasÂsen hatÂte, konnÂte sich am Stand gegenÂüber an etwas erinÂnern, das ihn im LauÂfe der letzÂten Tage besonÂders bewegt hatÂte, und dazu eine SchachÂtel gestalÂten.ZuminÂdest zum Teil aufÂfälÂliÂger kam das AngeÂbot bei der MarktÂhalÂle daher: Schon von WeiÂtem waren rhythÂmiÂsche KlänÂge zu verÂnehÂmen. Boris Lanz vom PastoÂralÂraum RegiÂon AarÂau hatÂte allerÂlei AllÂtagsÂgeÂgenÂstänÂde zusamÂmenÂgeÂtraÂgen, mit denen, wer wollÂte, draufÂlos musiÂzieÂren konnÂte. In der MarktÂhalÂle selbst hatÂte der ChristÂlich-JüdiÂsche ArbeitsÂkreis AarÂgau (CJA) eine FraÂge- und KlaÂgeÂmauÂer aufÂgeÂstellt. Auf dieÂses AngeÂbot seiÂen jedoch viel zu weniÂge aufÂmerkÂsam geworÂden, erklärÂte Urs Urech vom CJA gegenÂüber HoriÂzonÂte.
AchtÂsamÂkeit: Zuhören
In der JurÂte auf dem SchlossÂplatz gab’s für die KinÂder MärÂchen und bibliÂsche GeschichÂten: Die beiÂden proÂfesÂsioÂnelÂlen MärÂchenÂerÂzähÂleÂrinÂnen Moni Egger und EveÂliÂne AmsÂler durfÂten insÂbeÂsonÂdeÂre am SamsÂtagÂvorÂmitÂtag vieÂle KinÂder unterÂhalÂten, wähÂrend sich deren Eltern ihren EinÂkäuÂfen auf dem angrenÂzenÂden Markt widÂmeÂten. «Ich habe auf dem Markt gezielt FamiÂliÂen mit KinÂdern angeÂsproÂchen und sie auf unser AngeÂbot aufÂmerkÂsam gemacht. Das kam gut an», berichÂteÂte BerÂnaÂdette BerÂnasÂcoÂni, deren PfarÂrei SchöftÂland die JurÂte stellÂte. Ohne dieÂses «aktiv auf die LeuÂte zugeÂhen» hätÂte das GeschichÂtenÂzelt wahrÂscheinÂlich nicht so gut funkÂtioÂniert, meinÂte die HelÂfeÂrin.Unweit des GeschichÂtenÂzelÂtes traf man den AarÂauÂer GemeinÂdeÂleiÂter BurgÂhard FörÂster. Ihm gegenÂüber ein leeÂrer Stuhl: Eine nur allÂzu offenÂsichtÂliÂche EinÂlaÂdung zum Gespräch. «Ich will ein schlichÂtes ZeiÂchen setÂzen und zeiÂgen: Die KirÂche ist ansprechÂbar und hat Zeit», so BurgÂhard FörÂster gegenÂüber HoriÂzonÂte. GespräÂche habe es durchÂaus gegeÂben, aber es brauÂche natürÂlich etwas ÜberÂwinÂdung, herÂzuÂkomÂmen und sich zu inforÂmieÂren, worÂum es geht.
AchtÂsamÂkeit: Auf ganz andeÂre Art und WeiÂse unterÂwegs sein
«achtÂsaÂmes aarÂau», das stand in den verÂganÂgeÂnen Tagen auch für ein bunÂtes AngeÂbot an geführÂten AngeÂboÂten mit der MögÂlichÂkeit, ganz in etwas AndeÂres einÂzuÂtauÂchen. Zur AusÂwahl stanÂden Sitz- und GehÂmeÂdiÂtaÂtioÂnen, eine KurzÂform von Stadt-ExerÂziÂtiÂen sowie verÂschieÂdeÂne StadtÂrundÂgänÂge.Bei der StadtÂbiÂblioÂthek lud beiÂspielsÂweiÂse ClauÂdia MenÂnen zur BrunÂnenÂfühÂrung. «BrunÂnen waren früÂher ganz wichÂtiÂge Orte: Dort traf man sich. Es wurÂde gestritÂten, Recht gesproÂchen und HanÂdel getrieÂben. Es wurÂden BezieÂhunÂgen geknüpft und HochÂzeiÂten arranÂgiert», so die LeiÂteÂrin des BilÂdungsÂhauÂses der Römisch-KathoÂliÂschen LanÂdesÂkirÂche, der PropÂstei WisÂliÂkofen, wo verÂschieÂdeÂne KursÂanÂgeÂboÂte die MenÂschen zu mehr AchtÂsamÂkeit anreÂgen.
«achtÂsaÂmes aarÂau»: FortÂsetÂzung in zwei Jahren
ProÂjektÂleiÂteÂrin SusanÂne Andrea BirÂke von der Römisch-KathoÂliÂschen LanÂdesÂkirÂche zieht eine erste posiÂtiÂve Bilanz und vor allem überÂwälÂtigt vom EinÂsatz aller MitÂwirÂkenÂden: «Dafür möchÂte ich mich bei allen ganz herzÂlich bedanÂken. Trotz Wind und WetÂter war so viel EngaÂgeÂment und KreaÂtiÂviÂtät spürÂbar». Klar, seiÂen nicht alle AngeÂboÂte gleich gut gelauÂfen, aber das werÂde man noch genauÂer anschauÂen. In zwei JahÂren soll die VerÂanÂstalÂtung mögÂlichst am selÂben Ort wieÂder stattÂfinÂden. «Ob das klappt, hängt aber noch von der BereitÂschaft des PastoÂralÂraums RegiÂon AarÂau ab».