«Wir sind stolz auf Sie»
- Der Aargau war dieses Jahr Gastkanton an der Vereidigung der neuen Schweizergardisten.
- Am Freitag, 5. Mai, dem Vorabend der Vereidigung, fand in den Räumlichkeiten des Vatikans ein Galadinner auf Einladung des Kommandanten der Schweizergarde statt.
- Neben Vertretern der Aargauer Regierung sprach auch Luc Humbel, Präsident der Römisch-Katholischen Kirche Aargau, zu den geladenen Gästen. Hier lesen Sie Humbels Ansprache und erfahren, was er dem Papst bei der persönlichen Audienz gewünscht hat.
Sehr geehrter Herr Kommandant
Sehr geehrte Offiziere, Gardisten und Aspiranten
Sehr geehrter Herr Ständerat und Mitglieder des Nationalrates und vom Grossen Rat
Sehr geehrter Herr Landammann und Regierungsvertreter
Geschätzte Hochwürden, liebe Priorin Irene
Liebe Kolleginnen und Kollegen
Gibt es heute etwas zu feiern? Der heutige Rahmen lässt zumindest daran keinen Zweifel offen, dass gefeiert wird.
Aber was feiern wir? Die Garde selbst? Den Besuch aus der Schweiz oder die Vorfreude auf die morgige Vereidigung? Ennet der Alpen finden Brevetierungsfeiern nach der Vereidigung statt. Das weiss der Landammann, der Grossratspräsident und auch der Sprechende. Ist es also der Italianità oder dem Vatikan geschuldet, dass schon am Vorabend gefeiert wird? Mir gefällt die Feier am Vorabend auf jeden Fall. Sie gibt Sicherheit. So können auch die Aspiranten gut schlafen, denn ohne ihre morgige Brevetierung wären sie heute ja nicht geladen.[esf_wordpressimage id=44328 width=half float=right][/esf_wordpressimage]
Diese Sicherheit kennen und schätzen wir in der Kirche. Vieles war schon immer so – es wurde zur Tradition. Und so soll es auch in die Zukunft geführt werden. Dabei ist aber auch Vorsicht geboten. Denn auch dafür ist die Garde ein gutes Beispiel. Sich veränderten Situationen nicht anzupassen, kann zur Folklore führen. Die Garde verteidigt den Papst heute nicht wirklich mit der Hellebarde, auch wenn es in der Festtagsuniform so scheinen mag. Sie ist modern gerüstet, die Frau Bundesrätin ist wohl fast ein wenig eifersüchtig, was uns die gestrige Führung alles vor Augen geführt hat. Die Garde als päpstliche Schutzmacht hat also in Bezug auf die Erfüllung ihrer ihr zugedachten Aufgabe die Zeichen der Zeit erkannt.
Luc Humbels Wunsch für den Papst
Zusammen mit den Eltern der angehenden Gardisten und der Delegation des Aargauer Regierungsrates wurde auch Kirchenratspräsident Luc Humbel nach der Frühmesse am Samstag, 6. Mai, von Papst Franziskus empfangen. Der Papst sei von einem Gast zum nächsten gegangen und da habe er die Gelegenheit gehabt, kurz mit Franziskus zu sprechen, berichtete Luc Humbel nach der Audienz. «Ich habe dem Papst gesagt, ich wünsche ihm viel Kraft, sich für die Gleichberechtigung der Frauen einzusetzen. Und er gab mir die Antwort ‘ich habe es gehört und nehme es mit’.» Die Konversation fand auf Italienisch statt, so konnte Humbel sichergehen, dass der Papst ihn verstand. Mit dem Wunsch an den Papst konnte der Kirchenratspräsident eine zentrale Forderung des synodalen Prozesses in der Schweiz an höchster Stelle anbringen.
Auch die Kirche selbst stellt sich im weltweiten Synodalen Prozess den drängenden Fragen der Zeit. Etwa dem Umgang mit unterschiedlichen Lebensentwürfen oder der Frage von Menschenrechten. Sie kann sich an der Schweizer Garde ein gutes Vorbild nehmen. Die bewährten und geschätzten Kerninhalte des Glaubens müssen nicht in Frage gestellt werden, wenn man auf aktuelle Fragen zeitgemässe Antworten formuliert. Aber die Bedrohungen von heute mit der Hellebarde lösen zu wollen, würde eine Institution nicht glaubwürdig dastehen lassen. Niemand würde sie weiter ernst nehmen. Nehmen wir uns also die Professionalität der Garde zum Beispiel, damit wir in der gesamten Kirche im Erneuerungsprozess die richtigen Fragen stellen, die glaubwürdigen Antworten finden und geben. Dann wird die Kirche weiterhin ernst genommen und kann mit ihrer Frohen Botschaft in die heutige Gesellschaft hineinwirken.
Unsere Kirche soll synodaler werden, sagt der Papst. Die Kirche Schweiz ist mit ihrem dualen System in Bezug auf den Einbezug von Laien gut aufgestellt oder im Sinne des Weges der Erneuerung gut unterwegs, wenn auch noch lange nicht am Ziel. Hier im Vatikan weiss man wenig davon, was in den Vorbereitungen spürbar war. Das ist schade. Tragen Sie, geschätzte Repräsentanten, mit dazu bei, unserem System Sorge zu tragen. Auch als Gardisten erfüllen Sie als Laien eine unverzichtbare Aufgabe in unserer Kirche. Längst sind andere Laien in unserer Kirche nicht einzig als Volk Gottes unverzichtbar, sondern weil sie willens und in der Lage sind, Verantwortung zu übernehmen. Das ist gut so.
Sie, liebe Aspiranten, schwören morgen für den Heiligen Vater einzustehen. Auch das ist vorbildlich. Sie haben in Ihrem Elternhaus den Glauben an die römisch-katholische Kirche tradiert erhalten. Dafür gebührt Ihren Eltern Respekt und Dank. Ihnen selber gebührt Respekt und Dank dafür, dass Sie bereit sind, für ihren Glauben und den Papst unter dem Einsatz Ihres Lebens einzustehen. Daran mangelt es heute oftmals schon, wenn man dafür sein Leben nicht hergeben muss. Einzustehen für das Evangelium braucht nicht den Mut, den Sie an den Tag legen. Eine Kirche, deren Mitglieder im Alltag für den Glauben einstehen wollen und dies auch vorleben, ist glaubwürdig. Lassen Sie uns also auch darin Vorbild sein.
Für Ihr Wirken, Ihren Schutz und Ihre Botschaft nach aussen hin, danke ich Ihnen im Namen des Kirchenrates, der römisch-katholischen Kirche im Aargau und, als Vertreter des Gastkantons, auch im Namen der Schweiz. Wir sind stolz auf Sie.
Ich danke Ihnen.
Rede des Präsidenten der Römisch-Katholischen Kirche Aargau, Luc Humbel, am Gala-Dinner vom 5. Mai 2023