Profan aber nicht unwürdig
Profan aber nicht unwürdig
Zur Umnutzung von Kirchenräumen
Baden, skaten oder dinieren, wo früher Messe gefeiert, in Stille gebetet und getauft wurde?
In vielen Ländern des globalen Nordens nimmt die Zahl der Gläubigen ab. Es stellt sich die Frage, was mit den leerstehenden Kirchen passiert. Sie sollen weiterhin Orte der Begegnung bleiben, da sind sich Kirchenvertreter/innen und Stadtentwickler/innen einig. Doch wie kann das konkret aussehen?Es ist kein Geheimnis; die Zahl der Kirchenmitglieder sinkt. Eine Veröffentlichung des Bundesamtes für Statistik zeigt, dass die Menschen ohne Religionszugehörigkeit seit 2022 die grösste Gruppe in der Schweiz darstellen. Damit einher gehen zwei Trends. Kirchengebäude stehen immer häufiger leer, während gleichzeitig die finanziellen Mittel zurückgehen. Eine Lösung: Die Umnutzung der Kirchengebäude.Aber wie funktioniert das ganz konkret? Kann aus einer ehemaligen Kirche später einmal alles werden? Ausstellungsraum, Restaurant oder gar ein Casino? Nein. Sowohl von kirchlicher als auch von «weltlicher» Seite gibt es gewisse Vorgaben, wie die Räumlichkeiten weitergenutzt werden dürfen.Die Schweizer Bischofskonferenz hat Empfehlungen herausgegeben, was bei einer Umnutzung zu beachten ist. Die neuen Nutzer/innen sollten demnach den kulturellen und religiösen Charakter der Kirchen während und nach der Umnutzung respektieren. Abgelehnt werden Umnutzungen, die ausschliesslich wirtschaftliche Ziele haben, weil das der christlichen Ethik widerspreche. Auch der Europarat hat sich mit dem Thema beschäftigt. Im Sinne der Denkmalpflege dürften ehemalige Kirchen nicht vernachlässigt werden und müssten vor Zerstörung und unangemessener Umnutzung geschützt werden. Der Rat argumentiert vor allem aus der Überzeugung heraus, dass (ehemalige) Kirchen ein kulturelles Erbe darstellten.Bei der Umnutzung wird sich auf die Suche begeben nach dem gemeinsamen Nenner, der die ehemals liturgische, religiöse Nutzung mit einer neuen Verwendung verbindet. Immer wieder wird dabei ein Begriff genannt: «Ort der Begegnung». So wie früher die Menschen in diesen Gebäuden zusammenkamen, um ihr «Christen/innen-Sein» gemeinsam zu leben, um zu feiern, zu danken, zu trauern, über den Glauben zu diskutieren oder einfach der Einsamkeit zu entfliehen, so sollen die Orte auch im neuen Gebrauch da sein, um Begegnungen zu ermöglichen, verschiedenste Menschen ins Gespräch zu bringen, zum «Leben-Teilen» einzuladen. Die Deutsche Bischofkonferenz bezeichnet (ehemalige) Kirchen als Oasen in einer ökonomisierten Welt. Die Gesellschaft als Gesamtes und auch die/der Einzelne brauchen Orte, an denen sie dem gesellschaftlichen Druck entfliehen und zur Ruhe kommen können. Ob durch Stille, eine sinngebende Beschäftigung oder Kontakt mit anderen Menschen.Wie das funktionieren kann, zeigt das Beispiel der Kirche Don Bosco in Basel. Sie wurde zum Kultur- und Musikzentrum umgewandelt, doch beherbergt sie in ihrem Untergeschoss noch immer eine Kapelle, in der Werktagsgottesdienste gefeiert werden oder Gläubige zum stillen Gebet kommen können. Im oberen Teil hat es sich der gemeinnützige Verein, der die Kirche nun nutzt, zur Aufgabe gemacht, verschiedenen Kulturinstitutionen in Basel und der Region Proberäume, Konzertsäle und Büro-/Archivräume anzubieten. Der Ort ist so ein Raum für gemeinsames künstlerisches Schaffen und Musizieren und für das Erleben von Kunst und Musik geworden. Im unteren Teil wird weiterhin der liturgische Charakter des Gebäudes gelebt, ausserdem wurde auch die Kapelle den neuen Bedürfnissen der Gläubigen angepasst und ihr Foyer wird für Seniorenanlässe, Religionsunterricht oder als Begegnungsraum der Gemeinde genutzt.
Leonie Wollensack — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - — - —
Baden, skaten, dinieren
Diese drei Beispiele finden sich in der Einleitung. Und sie existieren tatsächlich!Baden = Kapelle der psychiatrischen Klinik Claybury, EnglandSkaten = Kirche Santa Bárbara in Llanera, SpanienEssen = Martini-Kirche, Bielefeld (Das Restaurant Glückundseligkeit, das sich nun darin befindet, ist auch auf der Titelseite der Printausgabe zu sehen.)