Einen Beitrag zum Gemeindeleben leisten

Einen Beitrag zum Gemeindeleben leisten

Einen Beitrag zum Gemeindeleben leisten

Jungunternehmer geben Tontechnik-Workshops für Jugendliche

Men­schen, die sich mit ihren Tal­en­ten und Stärken ein­brin­gen – davon leben unsere Pfar­reien. Simon Frick­er und Sebas­t­ian Kalber­er haben selb­st ein­mal als Ver­ant­wortliche für die Ton­tech­nik in ihren Gemein­den ange­fan­gen und wollen ihr Know-how nun an kirch­lich engagierte Jugendliche weit­ergeben.Simon Frick­er ste­ht vor der grossen Lein­wand, die vom Let­tner der Aarauer Stadtkirche herun­ter­hängt. Er referiert zu seinem Lieblings­the­ma «Ton­tech­nik». Dass der 23-jährige Jun­gun­ternehmer den Kurs zum ersten Mal leit­et, denkt wohl nie­mand im Pub­likum. Er und sein Com­pagnon Sebas­t­ian Kalber­er, mit dem er vor zwei Jahren eine eigene Fir­ma für Ver­anstal­tung­stech­nik und Even­tor­gan­i­sa­tion gegrün­det hat, lassen sich nicht ein­schüchtern vom Hall in der Kirche, denn in kirch­lichen Räu­men hat ihre Ton­tech­nikerkar­riere begonnen. Im vierzehnköp­fi­gen Pub­likum sitzen vor allem Jugendliche, die – wie Simon Frick­er und Sebas­t­ian Kalber­er früher – in ihren Kirchge­mein­den für die Tech­nik ver­ant­wortlich sind. Es sind aber auch Behör­den­mit­glieder und Jugen­dar­bei­t­ende dabei. Das gebe den Jugendlichen Rück­en­wind, denn für die Umset­zung in den Kirchge­mein­den braucht es die Unter­stützung der Erwach­se­nen. Andreas Benz von der Fach­stelle Päd­a­gogis­ches Han­deln glaubt, dass jed­er Men­sch das Bedürf­nis hat, in seinem Umfeld einen Beitrag zu leis­ten. Dafür müssten in der Kirche Möglichkeit­en geschaf­fen wer­den. Die Mitar­beit der Jugendlichen in der Tech­nik sei so eine Möglichkeit.

Vorbereitung auf eine anspruchsvolle Aufgabe

An diesem ersten Sam­stag im neuen Jahr sitzen die Kursteil­nehmenden an zwei Tis­chrei­hen in der Kirche. Es ist früh am Mor­gen und es ist kalt. Aber die Jugendlichen lassen sich davon nicht beir­ren, beant­worten die Fra­gen und machen fleis­sig Noti­zen in ihre Kur­sun­ter­la­gen. Sina Moser (19), Mat­tia Hil­fik­er (13) und Nico­las Stöck­li (18) gehören zum Tech­nik­team der reformierten Kirche in Schöft­land und sind für die Tech­nik im monatlichen Jugend­gottes­di­enst ver­ant­wortlich. Darin tritt die Jugend­band auf und es gibt The­ater und Refer­ate – alles mit Mikro­fo­nen ver­stärkt. Heute ler­nen die Jugendlichen, welche Mikro­fone sich wofür eignen und wie jedes einzelne eingemessen wer­den muss. Die hohen und tiefen Fre­quen­zen dür­fen wed­er gläsern tönen noch wum­mern. «Das braucht Zeit und vor allem Geduld von den Inter­pre­ten auf der Bühne», sagt Simon Frick­er. «Je nach Rau­makustik und Grösse des Pub­likums unter­schei­den sich die Ein­stel­lun­gen», ergänzt Sebas­t­ian Kalber­er. Ton­tech­nik in der Kirche sei mithin etwas vom Anspruchsvoll­sten, das Wei­h­nachtsspiel die Meis­ter­prü­fung. «Ein­fach machen», lautet das Rezept der bei­den Auto­di­dak­ten. Im Inter­net seien ausser­dem Tausende Anleitungsvideos zur Ton­tech­nik zu find­en, die einem weit­er­hälfen. In vie­len Kirchge­mein­den hät­ten Jugen­dar­bei­t­ende eine Ton­tech­nikaus­rüs­tung angeschafft. «Das sind Schatzkam­mern», sagt Simon Frick­er.

Individuelle Wege zur kirchlichen Tontechnik

Mat­tia Hil­fik­er ist seit ver­gan­genem Jahr Mit­glied des Tech­nik­teams in der Kirchge­meinde Schöft­land. Dass er seine Fasz­i­na­tion für die Tech­nik auch in der Kirche ausleben kann, gefällt ihm sehr. Sina Moser arbeit­et als Phar­maas­sis­tentin. Seit zwei Jahren geht sie in Schöft­land in die Kirche, weil es dort Jugendliche in ihrem Alter gibt. Im christlichen Ado­nia-Ferien­lager, in dem Kinder und Jugendliche ein Musi­cal ein­studieren und gemein­sam auf Konz­ert­tournee gehen, hat sie in der Tech­nik mit­ge­holfen. Das hat ihr so gut gefall­en, dass sie nicht bis zum näch­sten Ferien­lager warten wollte, bis sie wieder als Tech­nikerin zum Ein­satz kom­men würde. Darum hat sie sich kurz­er­hand dem Tech­nik­team in Schöft­land angeschlossen. «Meine erste Pri­or­ität für mein Engage­ment ist, mehr über Gott zu ler­nen», sagt Sina Moser, aber das Zusam­men­sein mit den anderen Jugendlichen sei ihr auch sehr wichtig. Für Nico­las Stöck­li ste­ht das Zusam­men­sein mit seinen Kol­legin­nen und Kol­le­gen klar im Zen­trum. Erst in zweit­er Lin­ie nen­nt er religiöse Gründe für seinen Ein­satz im Tech­nik­team der Kirche Schöft­land. Er ist dort schon sechs Jahre dabei. Rekru­tiert hat ihn der kirch­liche Jugen­dar­beit­er, bei dem er in der Ober­stufe auch den Reli­gion­sun­ter­richt besucht hat. «Der Lehrer war cool und ich schnell zu begeis­tern», sagt Nico­las Stöck­li. Durch seine Aus­bil­dung als Elek­tron­iker kann er die Fra­gen der Kursleit­er zu elek­trischen Wider­stän­den als Einziger beant­worten. Als mehrfach­es Band­mit­glied hat er sich auch als Pianist mit der Tech­nik seines E‑Pianos auseinan­der­set­zen müssen.

Persönliches Engagement gegen Kirchenschwund

Unter­dessen lösen die drei Tontechniker/innen aus Schöft­land eine prak­tis­che Auf­gabe im Ban­draum des Kirchge­mein­de­haus­es. Reto Bianchi, der als Sozial­diakon in Aarau die kirch­liche Jugen­dar­beit ver­ant­wortet, leit­et den Prax­is­block. Er hat den Kurs ini­ti­iert und wollte damit seinen Jugendlichen, die sich bere­its in der Tech­nik engagieren, Wertschätzung ent­ge­gen­brin­gen. «Ich möchte den jun­gen Men­schen die Möglichkeit bieten, sich in der Kirche mit ihren Gaben und Fähigkeit­en einzubrin­gen», sagt der Sozial­diakon, «und mit ihnen den Weg gehen zu ein­er Beteili­gungskirche.» Beteili­gen will Reto Bianchi die Jugendlichen auch spir­ituell. Im neuen Gottes­di­en­st­for­mat Even­song sind sie neben der Tech­nik auch für Gebete und die Mod­er­a­tion ver­ant­wortlich. Mat­tia, Nico­las und Sina haben zusam­men das E‑Piano, die Mikro­fone und das Schlagzeug verk­a­belt und an den Ver­stärk­er angeschlossen. Ein Mikro­fon bleibt stumm, aber dafür kön­nen die Jugendlichen nichts. Reto Bianchi find­et schliesslich den Fehler: ein defek­tes Kabel. Obwohl Simon Frick­er und Sebas­t­ian Kalber­er längst auch ausser­halb der Kirche in der Ver­anstal­tung­stech­nik engagiert sind, bleibt für sie die Kirche ein wichtiges Betä­ti­gungs­feld. «Es ist uns eine Herzen­san­gele­gen­heit, dass wir der Kirche etwas zurück­geben kön­nen», sagt Sebas­t­ian Kalber­er. Ausser­dem ist für die junge Fir­ma die Ton­tech­nik in den Gottes­di­en­sten eine Mark­t­nis­che, die sie aktiv bewirtschaften. Ihre Haupt­sai­son ist die Wei­h­nacht­szeit mit den vie­len Wei­h­nachtsspie­len und ‑musi­cals. Aber auch an den Feierta­gen, an denen die Gottes­di­en­ste aufwendi­ger gestal­tet wer­den, oder an Kon­fir­ma­tio­nen helfen die Event­tech­niker aus. Was sie am lieb­sten machen, sei für viele ein­fach nur eine grosse Belas­tung, weil sie sich mit der Tech­nik nicht ausken­nten. Wenn Simon Frick­er an Kirchen­schwund denkt, dann kommt ihm als mögliche Lösung das Investieren in Musik und Tech­nik in den Sinn. Nicht zulet­zt, weil damit Jugendliche zum Mit­machen inspiri­ert und in der Kirche gehal­ten wer­den kön­nten. Sie bei­de seien das beste Beispiel dafür. Simon Frick­er und Sebas­t­ian Kalber­er haben ihre Chance in der Kirche gepackt. In ihrem Kurs wollen sie die Jugendlichen ermuti­gen, ihre Chance eben­falls zu ergreifen.Eva Meien­berg
Leonie Wollensack
mehr zum Autor
nach
soben