Ostern für einen Verbrecher

Ostern für einen Verbrecher

Lukas 23, 32.39–43Zusam­men mit Jesus wur­den auch zwei Ver­bre­cher zur Hin­rich­tung geführt. […] Einer der Ver­bre­cher, die neben ihm hin­gen, ver­höhn­te ihn: Bist du denn nicht der Chri­stus? Dann ret­te dich selbst und auch uns! Der ande­re aber wies ihn zurecht und sag­te: Nicht ein­mal du fürch­test Gott? Dich hat doch das glei­che Urteil getrof­fen. Uns geschieht recht, wir erhal­ten den Lohn für unse­re Taten; die­ser aber hat nichts Unrech­tes getan. Dann sag­te er: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! Jesus ant­wor­te­te ihm: Amen, ich sage dir: Heu­te noch wirst du mit mir im Para­dies sein.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Ostern für einen Verbrecher

Als ich den Hei­li­gen­ka­len­der durch­ge­sucht habe, um für die­sen «Kirche-heute»-Impuls eine oder einen Hei­li­gen aus­zu­wäh­len, stiess ich auf unzäh­li­ge hei­li­ge Bischö­fe, Päp­ste, begna­de­te Ordens­frau­en oder Mär­ty­rer aus den ver­schie­den­sten Jahr­hun­der­ten. Das könn­te einen fast etwas mut­los stim­men. Wo ist da Platz für uns christ­li­che «Nor­mal­ver­brau­cher»? Doch dann bin auf den hei­li­gen Dis­mas gestos­sen.Ken­nen sie den hei­li­gen Dis­mas? Die Rede ist vom rech­ten Schä­cher. Wir wür­den ihn wohl kaum unter den Hei­li­gen suchen. In der Bibel ist nur ein­mal von ihm die Rede (Lk 23,39ff); der Evan­ge­list nennt nicht ein­mal sei­nen Namen. Nicht grund­los wird er mit Jesus gekreu­zigt wor­den sein. Eine durch und durch geschei­ter­te Exi­stenz möch­te man mei­nen. Am Kreuz, zur Rech­ten Jesu, pas­siert dann das gros­se Wun­der: Trotz der aus­sichts­lo­sen Lage, ver­traut er sich Jesus an: «Denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.» Wir ken­nen die Ant­wort Jesu: «Heu­te noch wirst du mit mir im Para­dies sein.» Der erste Hei­li­ge ist also nicht ein Prie­ster, ein Bischof oder ein Papst. Es ist kein Ordens­mann oder eine Ordens­frau, die sich Gott beson­ders geweiht haben! Nein! Der erste Mensch, der hei­lig­ge­spro­chen wur­de (und dies durch Jesus selbst!), war ein Ver­bre­cher. Das Ein­zi­ge, was Dis­mas von Her­zen getan hat, war auf Jesus zu ver­trau­en. Das darf uns mutig stim­men: Egal, wie unser Leben bis­her ver­lau­fen ist, da ist einer, der uns annimmt.  Wo alle Türen zuge­hen, da geht Got­tes Tür weit auf. Der erste, für den es Ostern wird, ist also die­ser Schä­cher am Kreuz.Dazu fällt mir eine wun­der­schö­ne Oster­ge­schich­te der christ­li­chen Schrift­stel­le­rin Andrea Schwarz ein:Ein klei­nes Mäd­chen hat­te eine Pup­pe, ganz zer­zaust und zer­lumpt. Eines Tages sag­te eine Dame zu dem Mäd­chen: «Aber mein lie­bes Kind, wie kannst du nur eine sol­che Pup­pe auf­he­ben, die ist doch wirk­lich nicht mehr schön!» Die Klei­ne, ganz über­rascht und erstaunt, sah ihre Pup­pe an, schloss sie plötz­lich fest in ihre Arme und drück­te sie ganz lieb an sich. Dann dreh­te sie sich zu der Dame um und sag­te mit strah­len­den Augen zu ihr: «Guck mal, jetzt ist sie aber wie­der ganz schön…!»Und was hat die­se Geschich­te nun mit Ostern zu tun?Immer dann, wenn wir uns zer­lumpt und zer­zaust füh­len, wenn wir uns häss­lich und unan­sehn­lich fin­den, gera­de dann gilt uns die Ein­la­dung Got­tes: «Ich lie­be dich, so wie du bist! Komm in mei­ne Arme!» Nicht im Tod stecken blei­ben, son­dern sich ver­trau­ens­voll in sei­ne Arme wer­fen. Damit wir wie­der «schön» und «heil» wer­den, damit sich für uns die Tür zum Him­mel und zum Leben öff­net – hier und jetzt schon. Das ist Ostern!  Nadia Miri­am Kel­ler Theo­lo­gin, arbei­tet als Spi­tal­seel­sor­ge­rin am St. Cla­ra­spi­tal in Basel
Leonie Wollensack
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