Stand: Auf­ar­bei­tung sexu­el­ler Missbrauch

Stand: Auf­ar­bei­tung sexu­el­ler Missbrauch

Stand: Auf­ar­bei­tung sexu­el­ler Missbrauch

Ein knap­pes hal­bes Jahr nach der Ver­öf­fent­li­chung der Pilot­stu­die zum sexu­el­len Miss­brauch in der römisch-katho­li­schen Kir­che in der Schweiz infor­miert das Bis­tum Basel über die ein­ge­gan­ge­nen Mel­dun­gen und den Stand ihrer Bearbeitung.In einer Medi­en­mit­tei­lung vom 5. März berich­tet das Bis­tum, dass wäh­rend der 13-jäh­ri­gen Amts­zeit von Bischof Felix Gmür ins­ge­samt 183 Mel­dun­gen von mut­mass­li­chen sexu­el­len Über­grif­fen ein­ge­gan­gen sind (Stand: Ende Febru­ar 2024). Die Hälf­te davon, näm­lich 92 Mel­dun­gen, fal­len auf die Zeit nach der Ver­öf­fent­li­chung der Pilot­stu­die. 87 % der Mel­dun­gen betref­fen Taten im Zeit­raum bis Ende 2010, 13 % seit Anfang 2011 bis heu­te.Doch wel­che Kon­takt­auf­nah­men mit der unab­hän­gi­gen Mel­de­stel­le (Sur­seer Anwalts­kanz­lei Hess Advo­ka­tur AG) gel­ten als Mel­dun­gen von sexu­el­len Über­grif­fen? Laut der Mit­tei­lung fällt dar­un­ter jede Kon­takt­auf­nah­me, die einen mut­mass­li­chen sexu­el­len Über­griff betrifft oder in wel­cher ein sol­cher Ver­dacht mit­ge­teilt wird. Als Mel­dun­gen zäh­len somit auch Kon­takt­auf­nah­men, bei denen weder das mut­mass­li­che Opfer noch die beschul­dig­te Per­son nament­lich benannt wer­den. Und was geschieht kon­kret, nach­dem eine Mel­dung ein­ge­gan­gen ist? Die Koor­di­na­ti­ons­per­son der unab­hän­gi­gen Mel­de­stel­le bekommt unein­ge­schränk­te Akten­ein­sicht und koor­di­niert anschlies­send straf‑, per­so­nal- und kir­chen­recht­li­che Ver­fah­ren oder Mass­nah­men, erstellt ein Dos­sier, gibt ent­spre­chen­de Emp­feh­lun­gen an den Bischof ab und kon­trol­liert deren Umset­zung sowie den Fall­ab­schluss. Die Betrof­fe­nen wer­den über die Ver­fah­rens­schrit­te lau­fend per­sön­lich infor­miert. Wenn eine Pfar­rei oder Kirch­ge­mein­de invol­viert ist, wird die­se kon­tak­tiert. So wur­de bei­spiels­wei­se im Anschluss an die Ver­öf­fent­li­chung der Pilot­stu­die mit den Pfar­rei­en Kon­takt auf­ge­nom­men, die über Fall­dar­stel­lun­gen iden­ti­fi­ziert wer­den konn­ten.

Umgang mit ver­jähr­ten Fällen

Seit dem 12. Sep­tem­ber, dem Tag, an dem die Pilot­stu­die ver­öf­fent­licht wur­de, sind 92 Mel­dun­gen ein­ge­gan­gen. Von ihnen sind 78 auf­grund von Ver­jäh­rung oder Ver­wir­kung nach dem staat­li­chen Straf­recht nicht mehr ver­folg­bar. Jedoch besteht für Betrof­fe­ne bei ver­jähr­ten Delik­ten und bei ver­stor­be­nen Beschul­dig­ten die Mög­lich­keit, bei der natio­na­len «Kom­mis­si­on Genug­tu­ung für Opfer von ver­jähr­ten Über­grif­fen im kirch­li­chen Umfeld» einen Antrag auf Zah­lung einer Genug­tu­ung zu stel­len. Neben den Zah­lun­gen führ­ten Bischof Felix Gmür und Per­so­nal­ver­ant­wort­li­che mit den Betrof­fe­nen, die es wünsch­ten, auch per­sön­li­che Gesprä­che.

Aus­tausch mit Betrof­fe­nen und Prä­ven­ti­ons­ar­beit blei­ben wichtig

Der Bischofs­rat des Bis­tums Basel hat sich am 28. Febru­ar mit drei Per­so­nen der Inter­es­sen­ge­mein­schaft für miss­brauchs­be­trof­fe­ne Men­schen im kirch­li­chen Umfeld (IG‑M!kU) und der Grou­pe Sou­ti­en aux per­son­nes abu­sées dans une rela­ti­on d’autorité reli­gieu­se (Grou­pe SAPEC) getrof­fen. Nach Anga­ben des Bis­tums hat die­ser Aus­tausch wich­ti­ge Impul­se für einen ver­bes­ser­ten Umgang mit Betrof­fe­nen und für Inter­ven­ti­on und Prä­ven­ti­on gelie­fert.Den Kon­takt anbie­ten, ins Gespräch kom­men und in die­sem Gespräch den Men­schen zuhö­ren, sie wahr- und ernst­neh­men – das sind auch wei­ter­hin wich­ti­ge Schrit­te auf dem Weg der Auf­ar­bei­tung. Aus­ser­dem bil­den sie die Grund­la­ge für eine wir­kungs­vol­le Prä­ven­ti­ons­ar­beit. Das Bis­tum im Gros­sen und die ein­zel­nen Pasto­ral­räu­me und Pfar­rei­en im Klei­nen set­zen sich seit Jah­ren ver­mehrt mit den The­men «Sen­si­bi­li­sie­rung, kon­kre­te Prä­ven­ti­ons­an­ge­bo­te und Hin­ter­fra­gen von Macht­struk­tu­ren» aus­ein­an­der. Das zeigt Wir­kung: In den letz­ten 20 Jah­ren hat die Anzahl von mut­mass­li­chen Sexu­al­de­lik­ten deut­lich abge­nom­men. Das soll und muss ober­stes Ziel sein. Umso wich­ti­ger ist es, auf die­se The­ma­tik wei­ter­hin ein Augen­merkt zu legen.Leo­nie Wollensack
Leonie Wollensack
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