Den Mäd­chen zu essen geben

Den Mäd­chen zu essen geben

Lukas 8,49–55Wäh­rend Jesus noch rede­te, kam einer von den Leu­ten des Syn­ago­gen­vor­ste­hers und sag­te: Dei­ne Toch­ter ist gestor­ben. Bemüh den Mei­ster nicht län­ger! (…) Alle Leu­te wein­ten und klag­ten um sie. Jesus aber sag­te: Weint nicht! Sie ist nicht gestor­ben, sie schläft nur. Da lach­ten sie ihn aus, weil sie wuss­ten, dass sie tot war. Er aber fass­te sie an der Hand und rief: Mäd­chen, steh auf! Da kehr­te ihr Lebens­atem zurück und sie stand sofort auf. Und er ord­ne­te an, man sol­le ihr zu essen geben.Ein­heits­über­set­zung 2016 

Den Mäd­chen zu essen geben

Was braucht die­ses Kind, die Toch­ter des Syn­ago­gen­vor­ste­hers, damit sie leben kann? Sie ist krank, sie liegt im Ster­ben, laut Aus­kunft der Leu­te ist sie schon gestor­ben. Hat kein Leben mehr in sich. Hat viel­leicht kei­nen Grund zum Leben mehr in sich. Jesus fasst sie an der Hand. Hält sie. Stützt sie. Ruft sie zum Auf­ste­hen. Zur Rück­kehr ins Leben. Und sie steht auf. Und er ord­net an, man sol­le ihr zu essen geben. Nah­rung. Mehr als Essen für den Leib. Nah­rung für Herz und Hirn?Was braucht ein Kind, um leben zu kön­nen? Lie­be, Wär­me, Nah­rung, ein Dach über dem Kopf. Und Nah­rung für Herz und Hirn. Bil­dung.Welt­weit gehen 132 Mil­lio­nen Mäd­chen nicht zur Schu­le. 55 Pro­zent der Kin­der im Pri­mar­schul­al­ter, die nicht zur Schu­le gehen, sind Mäd­chen. Von den welt­weit rund 781 Mil­lio­nen erwach­se­nen Analpha­be­ten sind fast zwei Drit­tel Frau­en, so schreibt Unicef auf ihrer Home­page.Mäd­chen­bil­dung ist zen­tral für die Ent­wick­lung eines Lan­des auf allen Ebe­nen. Aus­ge­bil­de­te Frau­en haben gelernt, Krank­hei­ten vor­zu­beu­gen. Ihre Kin­der sind gesün­der und besu­chen häu­fi­ger die Schu­le. Bil­dung, vor allem von Mäd­chen, ist eine der wirk­sam­sten Lösun­gen gegen Armut und das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum. Man­che Orga­ni­sa­tio­nen ver­ge­ben Mikro­kre­di­te aus­schliess­lich an Frau­en, da die­se bes­ser wirt­schaf­ten und die Kre­di­te zuver­läs­si­ger zurück­zah­len. Die Wahr­schein­lich­keit, dass ein Frie­dens­ab­kom­men min­de­stens zwei Jah­re hält, steigt um 20 Pro­zent, wenn Frau­en sich in den Frie­dens­ver­hand­lun­gen aktiv betei­li­gen. Dazu braucht es gebil­de­te Frau­en.Und trotz­dem sind Mil­lio­nen von Mäd­chen aus­ge­schlos­sen. Aktu­ell in Afgha­ni­stan, wo seit über einem Jahr Mäd­chen ab elf Jah­ren nicht in die Schu­le gehen dür­fen. Mäd­chen ab dem Alter, in dem die Toch­ter des Syn­ago­gen­vor­ste­hers war. Wonach hun­ger­te sie? Wonach hun­gern die Mäd­chen in Afgha­ni­stan und in so vie­len Län­dern der Welt?Jesus ord­ne­te an, man sol­le ihnen zu essen geben. Den Mäd­chen. Die nach Nah­rung hun­gern. Nach Nah­rung für Herz und Hirn. So vie­le Frau­en haben sich unter Ein­satz ihrer Exi­stenz durch die Jahr­hun­der­te hin­durch für Mäd­chen­bil­dung ein­ge­setzt. Schon im 16. Jahr­hun­dert Ange­la Meri­ci. Mary Ward im 17. Jahr­hun­dert. Mala­la You­sef­zai in Paki­stan im 21. Jahr­hun­dert. Star­ke Frau­en, die erkannt haben, was not­tut. Wie Eliza­beth Ann Bay­ley Seton. Nur 46 Jah­re leb­te sie; doch in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten prägt sie bis heu­te das katho­li­sche Schul­we­sen. Sie – und mit ihr so vie­le ande­re – haben den Mäd­chen zu essen gege­ben.Doro­thee Becker, Theo­lo­gin und Seel­sor­ge­rin. Gemein­de­lei­te­rin der Pfar­rei St. Fran­zis­kus, Riehen-Bettingen  
Christian von Arx
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