pro pal­li­um ent­la­stet Fami­li­en mit schwerst­kran­ken Kindern

  • Ist ein Kind schwerst­krank, bela­stet dies die Fami­lie enorm. Häu­fi­ge Spi­tal­be­su­che, pfle­ge­ri­sche Arbei­ten, zu wenig Zeit für­ein­an­der. Neben dem Haus­halt fal­len zusätz­li­che orga­ni­sa­to­ri­sche Arbei­ten an. Die Bela­stung ist gross. Zeit, um Ver­schnau­fen zu kön­nen, fehlt häufig.
  • In die­ser schwie­ri­gen Situa­ti­on erhal­ten Betrof­fe­ne kosten­lo­se Unter­stüt­zung von pro pal­li­um. Die Schwei­zer Pal­lia­tiv­stif­tung für Kin­der und jun­ge Erwach­se­ne, bil­det frei­wil­li­ge Hel­fer aus und ent­la­stet so Fami­li­en im All­tag. Zudem bera­ten und beglei­ten die Fach­leu­te die Eltern bis über den Tod ihres Kin­des hinaus.
  • pro pal­li­um zeigt, dass es im Bereich der pal­lia­ti­ven Pfle­ge doch eini­ge Unter­schie­de zwi­schen der Betreu­ung von Erwach­se­nen und der Kin­der Pal­lia­ti­ve Care gibt.
 Frau Mackuth-Wicki, pro pal­li­um ist eine Schwei­zer Pal­lia­tiv­stif­tung für Kin­der und jun­ge Erwach­se­ne. Was genau ist ihre Auf­ga­be? Cor­ne­lia Mackuth-Wicki: Wir bei pro pal­li­um ver­ste­hen unse­ren Ein­satz im psy­cho­so­zia­len Bereich, indem wir, wenn gewünscht, bereits früh­zei­tig zur Ent­la­stung in die Fami­li­en gehen. Wenn ein Kind krank ist, betrifft dies die gan­ze Fami­lie. So gilt es hin­zu­schau­en, hin­zu­hö­ren, was für die betrof­fe­ne Fami­lie unter­stüt­zend und ent­la­stend sein könn­te: Zeit mit dem kran­ken Kind zu ver­brin­gen, damit die Mut­ter für sich Besor­gun­gen erle­di­gen oder in Ruhe duschen kann, Unter­neh­mun­gen mit dem Geschwi­ster­kind durch­zu­füh­ren, damit die­ses unge­teil­te Auf­merk­sam­keit in einer bela­ste­ten Zeit erfah­ren darf.Wie vie­le Fami­li­en betreut pro pal­li­um in der Schweiz? Im Aar­gau? Aktu­ell beglei­ten wir im Bereich «pro pal­li­um Fami­li­en­be­treu­ung» mit unse­ren Frei­wil­li­gen 58 Fami­li­en in der Deutsch­schweiz, davon 11 im Kan­ton Aar­gau. Wir sind aus­schliess­lich spen­den­fi­nan­ziert.Pal­lia­ti­ve Care bei Kin­dern bedeu­tet die Betreu­ung eines schwer­kran­ken Kin­des, ihm die best­mög­li­che Lebens­qua­li­tät zu ermög­li­chen bis zum Ende. Was müs­sen wir uns dar­un­ter vor­stel­len? Pal­lia­ti­ve Care bei Kin­dern meint, dass mit Beginn und Dia­gno­se­stel­lung einer unheil­ba­ren Erkran­kung (oft­mals haben die sel­te­nen Krank­hei­ten bei Kin­dern nicht ein­mal einen Namen) das Kind und sei­ne Fami­lie Beglei­tung erfah­ren. Es gibt nicht ein ent­we­der kura­tiv (hei­lend) oder pal­lia­tiv (lin­dernd) son­dern idea­ler­wei­se ein mit­ein­an­der. Mit zuneh­men­der Erkran­kung nimmt dann auch die pal­lia­ti­ve Betreu­ung zu, ins­be­son­de­re die Lin­de­rung bei bela­sten­den, leid­vol­len Sym­pto­men. Durch den früh­zei­ti­gen Ein­be­zug der Pal­lia­ti­ve Care kann der Fokus auf das Wesent­li­che gerich­tet wer­den: die Lebens­qua­li­tät des Kin­des und sei­ner Fami­lie.Sie unter­schei­den vier Grup­pen der Pal­lia­ti­ve Care bei Kin­dern, wel­che? Bei der Grup­pe 1 han­delt es sich um Kin­der, wel­che eine lebens­be­droh­li­che Erkran­kung erlei­den wie bei­spiels­wei­se Krebs, aber die Opti­on haben, geheilt zu wer­den. Bei der Grup­pe 2 wer­den Krank­hei­ten erfasst, wel­che lebens­li­mi­tie­rend sind, auf­grund der medi­zi­ni­schen Fort­schrit­te jedoch lebens­ver­län­gern­de und oft­mals unter­stüt­zen­de The­ra­pien erhal­ten, mit der die Betrof­fe­nen bes­ser leben kön­nen — also bei­spiels­wei­se Kin­der, die mit Herz­er­kran­kun­gen gebo­ren wer­den und lin­dern­de Ope­ra­tio­nen bis hin zu Herz­trans­plan­ta­tio­nen erfah­ren. In der Grup­pe 3 wer­den Kin­der mit fort­schrei­ten­den Erkran­kun­gen dazu gerech­net. Die­se Kin­der lei­den unter stän­di­gen Ver­schlech­te­run­gen, bei­spiels­wei­se Gen­de­fek­te und Stoff­wech­sel­er­kran­kun­gen. Die Grup­pe 4 sind Kin­der mit irrever­si­blen Schä­di­gun­gen, das heisst, lang­jäh­ri­gen schwer­wie­gen­den Erkran­kun­gen wie bei­spiels­wei­se eine Cere­bral­pa­re­se.Gibt es Unter­schie­de zwi­schen der Pal­lia­ti­ve Care bei Erwach­se­nen und der Pal­lia­ti­ve Care bei Kin­dern? Die Beglei­tun­gen sind meist län­ger andau­ernd, manch­mal auch über Jah­re. Häu­fig wis­sen wir beim Ein­satz­be­ginn nicht, wie sich der Gesund­heits­zu­stand des Kin­des ent­wickelt. Wäh­rend bei den Erwach­se­nen in der Pal­lia­ti­ve Care häu­fig Ster­be­be­glei­tun­gen im Zen­trum ste­hen, also die Beglei­tun­gen in der End-of-life-Pha­se eines Men­schen, spre­chen wir bei Kin­dern mehr von Lebens­be­glei­tun­gen und fokus­sie­ren auf die qua­li­ta­ti­ve Lebens­zeit des Kin­des und sei­ner Fami­lie. Wenn ein Kind in die letz­te Lebens­pha­se tritt, ver­klei­nert sich der Kreis der invol­vier­ten Men­schen, wel­che vor Ort beim Kind sind und das ist rich­tig so. Unse­re Beglei­tun­gen zie­len dahin, dass die Fami­lie bei dem ster­ben­den Kind sein kann und dar­über hin­aus Kraft für das Wei­ter­le­ben hat.Oft­mals stirbt ein Kind nach lan­ger Betreu­ungs­zeit. Was bedeu­tet das für das Team? Mit den Ein­sät­zen in den Fami­li­en bei den Kin­dern wächst die Bezie­hung und für die Frei­wil­li­gen ist es hilf­reich, wenn sie anläss­lich der Aus­tausch­tref­fen in ihrer Regi­on über ihren Ein­satz und den Tod des Kin­des spre­chen dür­fen. Das wirkt ent­la­stend. Im Rah­men die­ser Aus­tausch­tref­fen fin­det ein Abschieds­ri­tu­al für die betref­fen­de Frei­wil­li­ge statt. Das stärkt das gemein­sa­me Tra­gen und den Zusam­men­halt im Team. Die Frei­wil­li­gen besu­chen die Fami­li­en, deren Kind ver­stor­ben ist, in der Regel auch wei­ter und wid­men sich den Geschwi­stern oder Eltern, wenn das gewünscht ist. Neue Ein­sät­ze über­nimmt die betref­fen­de Frei­wil­li­ge erst, wenn sie das möch­te.Wir durf­ten für Hori­zon­te eine Fami­lie in Suhr besu­chen, des­sen Kind am Wil­liams Beu­ren Syn­drom erkrankt ist. Ein Gen­de­fekt, wel­cher sicher­lich Betreu­ung braucht, nicht aber lebens­be­droh­lich ist. Wie­so kommt hier trotz­dem pro pal­li­um zum Ein­satz? Grund­sätz­lich ist die­ses Syn­drom nicht heil­bar, je nach Begleit­erkran­kun­gen, die mit dem Syn­drom ein­her­ge­hen kön­nen, ist ein Kind dem­entspre­chend mehr oder weni­ger beein­träch­tigt. Wenn eine der­ar­ti­ge Erkran­kung vor­liegt, gibt es im Ver­lau­fe die­ser sta­bi­le­re und kri­sen­haf­te­re Abschnit­te. pro pal­li­um hilft mit, die­se insta­bi­len Momen­te  im Fami­li­en­ge­fü­ge auf­zu­fan­gen und im All­tag zu beglei­ten. Sol­che Ein­sät­ze sind dann von unter­schied­li­cher Dau­er und kön­nen auch wie­der been­det wer­den, ohne dass das Kind ver­stirbt.Gibt es noch ande­re sol­che Fäl­le, wo pro pal­li­um Unter­stüt­zung die­ser Art lei­stet? Gera­de bei Kin­dern in der erwähn­ten Grup­pe 4 kann es lang­an­dau­ern­de Pha­sen mit sta­bi­lem Gesund­heits­zu­stand geben. Wir sind da im Kon­takt mit Fami­li­en, wo wir in Akut­si­tua­tio­nen mit­tra­gen hel­fen und uns dann wie­der zurück­zie­hen, bis sie uns bei Ver­schlech­te­run­gen wie­der kon­tak­tie­ren.Bei der Fami­lie in Suhr muss­ten Sie lan­ge nach einer frei­wil­li­gen Hel­fe­rin suchen. Es kommt hin und wie­der vor, dass Fami­li­en län­ger war­ten müs­sen, weil bei­spiels­wei­se kei­ne Frei­wil­li­ge in der Gegend lebt – wir rech­nen mit Weg­zei­ten von bis zu ¾‑1 h pro Weg. Es ist uns wich­tig, dass es für die betrof­fe­nen Kin­der und jun­gen Erwach­se­nen sowie für deren Fami­li­en und die Frei­wil­li­gen stim­mig ist. Inzwi­schen ist pro pal­li­um ein­mal pro Monat mit einer Hel­fe­rin vor Ort. Ent­spricht dies den nor­ma­len Ein­satz­zei­ten? Dass in Suhr die Frei­wil­li­ge nur ein Mal pro Monat im Ein­satz ist, gehört eher nicht zur Regel. Im vor­lie­gen­den Fall passt es für bei­de Sei­ten. Gera­de bei klei­ne­ren Kin­dern ist es wich­tig, dass sich die Bezie­hung durch regel­mäs­si­ge wöchent­li­che oder min­de­stens zwei­wö­chent­li­che Besu­che festi­gen kann.Brau­chen Sie viel­leicht mehr frei­wil­li­ge Hel­fe­rin­nen und Hel­fer? Der Bedarf an Ent­la­stung und Beglei­tung durch unse­ren ambu­lan­ten Kin­der­hos­piz­dienst ist von Sei­ten der Fami­li­en wei­ter hoch und wir haben mehr Anfra­gen von Fami­li­en, als wir mit unse­ren Frei­wil­li­gen abdecken kön­nen. Aktu­ell haben wir 95 Frei­wil­li­ge, von denen sich etwa ein Drit­tel «im Ein­satz­stopp befin­den», und zusätz­lich 18 Frei­wil­li­ge in der Basisschulung.
Cornelia Suter
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